zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Vor 30 Jahren sexuell missbraucht? Angebliches Opfer erpressteWilhelmshorster

Michendorf – Der Inhalt des Briefes, den ein zu DDR-Zeiten bekannter Dokumentarfilmer am 27. Juli 2013 in seinem Briefkasten fand, hatte es in sich: Er solle binnen drei Wochen 800 000 Euro an sein vermeintliches Missbrauchsopfer Frank F.

Stand:

Michendorf – Der Inhalt des Briefes, den ein zu DDR-Zeiten bekannter Dokumentarfilmer am 27. Juli 2013 in seinem Briefkasten fand, hatte es in sich: Er solle binnen drei Wochen 800 000 Euro an sein vermeintliches Missbrauchsopfer Frank F.* (43) zahlen. Andernfalls – so der Verfasser des Erpresserschreibens – würde er „weitermachen“. Bereits im November 2012 und im Mai 2013 soll Frank F. aus Wilhelmshorst den einstigen Filmschaffenden in der Öffentlichkeit als Pädophilen bezeichnet haben. Der inzwischen 76-Jährige zahlte nicht, sondern erstattete Strafanzeige bei der Polizei.

„Klar habe ich das gemacht. Ich hätte bei der geforderten Summe noch eine Null draufpacken sollen“, erklärte Frank F. am Montag vor dem Potsdamer Amtsgericht. „Der Mann hat mein Leben zerstört.“ Zwischen 1983 und 1985 sei er von dem Filmemacher und dessen Bekanntem – einem Kunsthandwerker – rund 70-mal sexuell missbraucht worden. Die Vorfälle hätten sich in einem ausgebauten Kellerraum des Hauses zugetragen, in dem der Dokumentarfilmer wohnte.

Detailliert beschrieb der unter anderem wegen Nötigung, Beleidigung und Verleumdung Angeklagte, was ihm im Alter zwischen 13 und 15 Jahren von den Männern zugefügt worden sein soll. Aus Angst, sie könnten seine Mutter oder den Bruder umbringen, habe er geschwiegen, sich selbst wie ein Täter gefühlt, erzählte Frank F. „Ich war im Missbrauch gefangen.“ Erst viel später habe er sich in Therapien begeben, die letzte vor wenigen Wochen beendet.

Obwohl der Epresserbrief von provokanten, dümmlichen, verletzenden Äußerungen strotzte, habe er ihn ernst genommen, versicherte der als Zeuge geladene Dokumentarfilmer vor Gericht. „Ich wusste ja, von wem er kommt.“ Ziel des Angeklagten sei es, an Geld zu gelangen. „Der mir vorgeworfene Kindesmissbrauch hat eindeutig nicht stattgefunden“, betonte der Zeuge, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. Er habe ausschließlich sexuelle Kontakte zu erwachsenen Männern gepflegt. Den Angeklagten habe er damals als Nachbarsjungen kennengelernt, der ab und zu im Garten geholfen habe, dadurch auch mit den Örtlichkeiten in seinem Haus vertraut war.

Der Kunsthandwerker vermochte sich im Zeugenstand nicht zu erklären, wieso Frank F. ihn derart schwer belaste. „Es gibt Leute, die wollen meine Reputation kaputt machen“, glaubte er. Dazu gehöre auch der offensichtlich fremdgesteuerte Angeklagte. Mit dem Filmemacher habe ihn eine Freundschaft verbunden. Zur fraglichen Zeit habe er mehrfach in dessen Partykeller übernachtet. „Mit Sicherheit war Frank F. nie im Haus, wenn ich da war“ erklärte er.

„Wir haben einiges über die sexuellen Neigungen der Zeugen erfahren. Mehr aber auch nicht“, brachte es die Vetreterin der Staatsanwaltschaft auf den Punkt. Der Verteidiger beantragte, seinen Mandanten von einem Facharzt auf seine Schuldfähigkeit hin untersuchen zu lassen. Frank F. leide an einer psychischen Erkrankung, die sich durch ein gestörtes Verhältnis zur Realität bemerkbar mache. Das Gericht stimmte dem zu. (*Name geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })