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Potsdam-Mittelmark: Voyeur und Unterwäsche-Fetischist

Gutachter: Der des versuchten Mordes angeklagte Schäfer aus Beelitz ist voll schuldfähig

Stand:

Beelitz – „Das Opfer entsprach genau dem Idealbild des Angeklagten – hübsch, schlank, mit nicht allzu großer Oberweite“, führte der psychiatrische Gutachter Dr. Matthias Lammel am gestrigen vierten Verhandlungstag vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts aus. Ihr Äußeres wurde Silvia S.* in der Nacht zum 1. August vorigen Jahres zum Verhängnis. Die damals 28-Jährige schlief arglos in ihrem Haus in Beelitz. Das Küchenfenster war angeklappt. Schon mehrfach hatte sich der arbeitslose Schäfer Michael M. (38) durch einen Spalt in der Jalousie „ein Auge geholt“. Sein Ziel war es, nackte, junge Frauen zu beobachten, als Trophäe auch mal ihre Dessous von der Wäscheleine zu stehlen. In jener Nacht kam es allerdings zur „Grenzüberschreitung“, so der Psychiater. Michael M. hebelte das Fenster auf, brach in das Einfamilienhaus ein, schlug der dreifachen Mutter einen knapp zwei Kilo schweren Kerzenständer auf den Kopf. Der Hieb ging bis auf den Knochen. Danach griff er zu einer Porzellanschale, drosch sie ihr noch mindestens dreimal auf den Kopf. Silvia S. erlitt u. a. einen Schädelbasisbruch sowie ein Schädelhirntrauma dritten Grades. Ihr Hörvermögen ist dauerhaft eingeschränkt. Bei seiner Flucht aus dem Haus verlor der Täter einen schwarzen Slip seines Opfers, den er zuvor entwendet hatte. Auf ihm befand sich seine DNA. (PNN berichteten.)

Michael M. – angeklagt wegen versuchten Mordes – hatte bislang nur eine Beziehung zu einer Frau. Die liegt allerdings lange zurück. Seine sexuellen Bedürfnisse lebte der Einzelgänger in Bordellen aus. Zwischendurch ergötzte er sich an Pornos, Fotos von Frauen, die seinem Typ entsprachen, oder er ging auf nächtliche Beobachtungstour – zuerst im anonymeren Potsdam, dann in seiner Heimatstadt Beelitz. Er bezeichnet sich selbst als Voyeur.

In der Vergangenheit war Michael M. beispielsweise mit dem Gesetz kollidiert, weil er einer Kollegin nachstellte, ihre Autoreifen zerstach, als sie nichts von ihm wissen wollte. „Nach Kränkungen reagiert er aggressiv-vergeltend“, so Dr. Lammel. „Er hegt Selbstzweifel, empfindet sich als nicht attraktiv.“ Eine krankhafte seelische Störung sei allerdings nicht festzustellen. Michael M. sei normal intelligent, er habe weder pädophile noch sado-masochistische Interessen. Auch Alkohol- und Drogenmissbrauch seien kein Thema. Er ist voll schuldfähig. Die Verletzungen, die der Angeklagte seinem Opfer zufügte, hätten bei eingetretenen Komplikationen durchaus dessen Tod bedeuten können, so der Gutachter.

„Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Ich wollte die Frau nicht töten und möchte mich noch einmal bei ihr entschuldigen“, erklärte der kräftige Angeklagte. Er sei bereit, „für die Tat aufzukommen“. Inzwischen hat er an die Anwältin von Silvia S. 4400 Euro überwiesen. Weitere 135 Euro kommen monatlich von seinem Gehalt als Hausarbeiter in der U-Haftanstalt dazu. Doch der Frau steht ein Schmerzensgeld von mindestens 60 000 Euro zu. Und er soll für künftige materielle Schäden, die ihr aus dem Übergriff entstehen, haften. Die Verhandlung wird am 16. Juli mit den Plädoyers fortgesetzt. (*Name geändert) Hoga

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