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Potsdam-Mittelmark: Wachsen unerwünscht

Werner Mundt aus Schwedt züchtet kleinwüchsige Weihnachtsbäume für die Plattenbau-Wohnstube

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Werner Mundt aus Schwedt züchtet kleinwüchsige Weihnachtsbäume für die Plattenbau-Wohnstube Von Juliane Sommer „Schauen Sie mal hierher“, sagt Werner Mundt und biegt den dicht benadelten Ast der Nordmann-Tanne leicht nach oben. „Es ist überhaupt nicht mehr zu sehen, dass er hier beschnitten wurde, um nicht noch mehr in die Breite zu wachsen. Wenn man es richtig macht, verwächst es sich“, sagt der Ruheständler und Hobby-Weihnachtsbaumzüchter. „Und damit die Spitzen nicht allzu sehr in die Höhe schießen, werden sie im Frühjahr leicht eingekerbt, eine Kerbe schräg links, eine Kerbe schräg rechts. Man muss schon genau hingucken, um es zu sehen“, sagt Mundt. Der Mann weiß, wovon er spricht. Seit 1990 studiert er das Wachstum von Weihnachtsbäumen und sammelt Erfahrungen in der Zucht. „Ein Weihnachtsbaum wächst nicht einfach so. Man muss schon aufpassen, dass er sein Nadelkleid so gleichmäßig und voll entfaltet, dass er den Leuten auch gefällt“, sagt Mundt. Und für die Schwedter, die den größten Teil seiner Käuferschar ausmachen, muss er halt kleine und schmale Nadelbäume züchten. „Denn die meisten Schwedter wohnen in der Platte. Und in den dortigen Wohnstuben ist schlichtweg zu wenig Platz für einen großen Weihnachtsbaum“, weiß der Experte. Deshalb hat er den Verkauf von Bäumen aus dem Großhandel seit langem aufgegeben und bietet nur noch die eigene Zucht an. „Nordmann-Tannen gehen am besten, die Leute fragen aber auch nach der Kiefer und der Blaufichte“, berichtet Mundt. Im vergangenen Jahr hat er zum ersten mal seine eigene Plantage beernten können, die er 1996 auf einem ein Hektar großen Acker am Ortsrand des Schwedter Ortsteils Kunow angelegt hatte. „Sechs Jahre muss man sich gedulden, ehe der Weihnachtsbaum eine Größe erreicht hat, dass man auch wirklich von einem Weihnachtsbaum sprechen kann“, erklärt Mundt. „Und bis dahin muss man viel Zeit investieren.“ Damit meint Mundt nicht nur das kunstfertige Regulieren des Baum-Wachstums, sondern die ganz normale Hege und Pflege. „In den ersten drei Jahren muss der Boden regelmäßig gehackt werden, damit die Bäume frei von Unkraut stehen und sich richtig entfalten können. Später reicht es aus, das Unkraut nur noch mit der Sense kurz zu halten. Die Bäume brauchen Dünger und in den gar zu trockenen Sommern auch Wasser“, berichtet Mundt. Ein einträgliches Geschäft, so sagt er, versprechen die Weihnachtsbäume angesichts des hohen Zeitaufwandes, den er ihnen widmen muss, nicht. „Wenn man es aber als Hobby betrachtet, das zudem auch einen Nebenverdienst einbringt, dann ist es in Ordnung“, befindet der Weihnachtsbaumexperte. Die Landesforstanstalt, die alljährlich ebenfalls zu den Feiertagen zehntausende von Weihnachtsbäumen auf den Markt wirft, gibt sich hingegen keine Mühe, die Bäume auch weihnachtsbaumgerecht zu formen. „So wie es wächst, wächst es“, sagt der Pressesprecher der Behörde Christian Naffin. „Wir wären personell gar nicht in der Lage, die entsprechende Pflege abzusichern.“ Auf landesweit 430 Hektar Fläche zieht die Forstverwaltung Weihnachtsbäume. „Bevorzugt unter Hochspannungs-Freileitungen, wo die Bäume ohnehin nicht in die Höhe wachsen dürfen“, erläutert Naffin. Angeboten wird die ganze Bandbreite möglicher Weihnachtsbäume. „Vor allen anderen bieten wir natürlich den Brotbaum der Mark, die Kiefer an“, ergänzt der Sprecher. „Und die Schwarzkiefer, die die Leute bei uns schlagen können, hat auch eine dichtere und dunklere Benadelung als die herkömmliche Kiefer.“ Vor Jahren konnte die Forstverwaltung noch bis zu 50 000 Weihnachtsbäume an den Mann bringen. Diese Zahl sank im vergangenen Jahr jedoch auf 20 000 Bäume. Trotz dieses Rückgangs sei das Interesse an den von den Förstern organisierten Selbst-Schlag-Aktionen von Bäumen nach wie vor groß. „Bei uns haben die Leute die Gewissheit, dass sie wirklich einen frischen Weihnachtsbaum bekommen und nicht einen, der vielleicht schon vor Wochen geschlagen wurde“.

Juliane Sommer

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