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Leben im Heim. Beengt, ohne deutsche Nachbarn und mit ungewissem Ausgang – viele Flüchtlinge belastet das Leben in Gemeinschaftsunterkünften. Ausgelassen wirken meist nur die Kinder, wie hier beim Teppichwaschen im Teltower Wohnheim an der Potsdamer Straße.

© Eva Schmid

Potsdam-Mittelmark: Warten ohne Ende

Mittelmarks Flüchtlingsheime bleiben voll, weil anerkannte Flüchtlinge keine Wohnungen finden

Von Eva Schmid

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Mit leer stehenden Flüchtlingsunterkünften, die wie in Potsdam hohe Kosten produzieren, hat der Landkreis Potsdam-Mittelmark nicht zu kämpfen. Im Gegenteil: Die Flüchtlingsheime des Kreises sind voll – auch, weil viele der Bewohner trotz anerkanntem Status nicht in eine eigene Wohnung umziehen können. „Wir haben zu wenig sozial geförderten Wohnraum“, sagt Landkreissprecherin Andrea Metzler zu dem Bewohnerstau in mittelmärkischen Heimen.

Das Asylgesetz sieht vor, dass Flüchtlinge, deren Asylverfahren beendet sind und die in Deutschland bleiben dürfen, aus dem Flüchtlingsheim in die eigenen vier Wände ziehen können. Wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen, stehen ihnen Leistungen zu, die auch Hartz-IV-Empfänger erhalten.

Es sei vom Gesetzgeber nicht erwünscht, dass anerkannte Flüchtlinge weiterhin in Flüchtlingsunterkünften leben müssten, so Metzler. Gesetzliche Fristen, wie lange Asylberechtigte in Heimen wohnen dürfen, gibt es aber nicht. Potsdam hat in seinem Integrationskonzept einst die Maßgabe vorgegeben, dass anerkannte Flüchtlinge bereits nach einem halben Jahr aus der Gemeinschaftsunterkunft in die eigene Wohnung ziehen sollten – die Praxis sieht aufgrund der angespannten Wohnlage in der Landeshauptstadt sowie dem Antragsstau beim Bundesamt für Migration anders aus.

Potsdam-Mittelmark hat so eine Selbstverpflichtung erst gar nicht aufgestellt, denn günstige Wohnungen gibt es in den Kommunen mit Asylunterkünften kaum. „Wir können die Menschen nicht auf die Straße setzen und damit ein Obdachlosenproblem produzieren“, so Metzler. Zudem wolle der Kreis auch die Kommunen damit nicht belasten – sie sind für die Unterbringung von sozial schwachen Einwohnern zuständig.

Nicht überall ist Wohnraum knapp, doch dort, wo es Sozialwohnungen gibt, „kann man keine Flüchtlinge hinschicken“, sagt Metzler. Kommunen wie Ziesar oder Wiesenburg seien von der Infrastruktur abgekoppelt. „Da muss man unter Umständen zehn Kilometer bis zur nächsten Kita fahren – mit dem Auto“, so Metzler. „Welcher Flüchtling hat ein Auto?“, fragt die Kreissprecherin. Der Bewohnerstau in den Heimen könne sich mit dem Familiennachzug noch verschärfen, befürchtet Metzler.

Um das Wohnungsproblem etwas abzuschwächen, hat der Kreis nun Bundesmittel in Höhe von 750 000 Euro für Hauseigentümer in Aussicht gestellt. Mit dem Geld werden Privatunterkünfte gefördert, die bezugsfertig hergerichtet und fünf Jahre lang von Flüchtlingen bewohnt werden können. Zudem müssen sie zentral sein: gut angebunden an den öffentlichen Nahverkehr und in der Nähe von Schulen, Kitas und Ärzten. Wer das bieten kann, bekommt bis zu 20 000 Euro pro Wohnung.

Unterdessen wird trotz des Flüchtlingsdeals mit der Türkei auch in diesem Jahr in Mittelmark mit der Ankunft von etwa 2000 Asylbewerbern gerechnet – auch wenn in den vergangenen zwei Wochen kein einziger kam. Der Kreis nimmt rund 8,5 Prozent aller Flüchtlinge auf, die im Land Brandenburg eintreffen. Die Kapazitäten bleiben damit begrenzt – trotz anderslautender Meldungen aus dem Landratsamt vor einigen Monaten.

Zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise im vergangenen Jahr sei unter anderem der Mindeststandard, was den Platz pro Flüchtling angeht, heruntergesetzt worden. In Dreibettzimmern wurden bis zu fünf Asylsuchende untergebracht. „Das entflechten wir gerade, um erneut auf sechs Quadratmeter pro Person zu kommen“, so Metzler.

Eng bleibe es aber auch weiterhin, weil in diesem Jahr einige Unterkünfte aufgegeben werden müssten – so wurde im Februar das Erntehelferlager in Beelitz- Schäpe geräumt. Auch die Notunterkunft in der Teltower Warthestraße mit 145 Plätzen soll in diesem Jahr geschlossen werden, ebenso müssen 188 Flüchtlinge aus der Kaserne in Brück Ende des Jahres ausziehen. Verlängerungen an den beiden Standorten seien nicht möglich, heißt es aus dem Landratsamt.

Probleme gibt es derweil auch mit den geplanten Unterkünften. So wird das Michendorfer Sens-Convent-Hotel aufgrund von Problemen mit der Brandschutzanlage frühestens im Sommer, „nicht vor Juli oder August“, zur Verfügung stehen. Dort sollen wie berichtet 250 Flüchtlinge wohnen.

Unklar ist auch, wann der alte Toom-Baumarkt in Nuthetal sowie das ehemalige Bauarbeiterhostel in Töplitz an den Start gehen werden – Probleme sind bei beiden fehlende Baugenehmigungen, in Töplitz gibt es Probleme mit der Zuwegung. Der Kreis hat sich für diese Objekte aber alle Optionen offengehalten: Erst wenn sie bezugsfertig übergeben werden, kommt ein Mietvertrag zustande. Sollten sie bis dahin nicht mehr gebraucht werden, muss der Kreis sie nicht mehr anmieten – und riskiert keine Kosten wegen Leerstand.

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