Von Henry Klix: Was kostet Caputh ?
Streit um den Wert des Blütenviertels in der Ortsmitte: Blütenviertel KG schaltet Vermittler ein
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Schwielowsee - Sind 1,5 Millionen Euro für die Gewächshausbrache in Caputh zu viel? Oder verhindert dieser Preis die Entwicklung des zentralen Areals? Die Caputher „Bürgerfonds Blütenviertel KG“ ist jedenfalls skeptisch, ob der Kaufpreis, den die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) für das knapp 50 000 Quadratmeter große Bauerwartungsland aufgerufen hat, realistisch ist. Die BVVG kann sich inzwischen auf ein brandaktuelles Verkehrswertgutachten berufen, das „in der Nähe“ des aufgerufenen Preise liegt, wie es unlängst von der Pressestelle hieß. Doch in der Blütenviertel-KG herrschen Zweifel. Einsicht ins Gutachten wird nicht gewährt, obwohl der KG die Bausubstanz auf dem Gelände gehört. Ein Verkauf ohne ihre Zustimmung ist also gar nicht möglich.
Immerhin kennt KG-Geschäftsführerin Claudia Tittel den Inhalt eines zweiten Gutachtens, das vor sieben Jahren vom Sachverständigen Jörg Möhl für die BVVG geschrieben wurde und auch den PNN vorliegt. Darin wird wiederholt darauf hingewiesen, dass – nach den Wünschen des Auftraggebers – keine Baugrunduntersuchungen stattfanden und Altlasten unberücksichtigt blieben. Von einer „fiktiv unbelastet und unbebaut gedachten Wohnfläche“ ist wörtlich die Rede, „Gemeinbedarfsflächen“ wurden mit 30 Prozent angesetzt. Damals wurde ein Verkehrswert von 1,9 Millionen Euro errechnet – 41 Prozent dessen, was als Ertrag für einen Investor angenommen wurde, der das Gelände erschließt.
Tittel fürchtet, dass auch im neuen Gutachten wichtige Rahmendaten beiseite geschoben wurden. „Die BVVG weigert sich, schlechte Grundstückszuschnitte, bis zu sechs Meter tiefe Torfschichten, Bodenkontaminierungen und von der Gemeinde vorgesehene öffentliche Grün- und Verkehrsflächen angemessen einzupreisen“, sagte sie den PNN. „Sie versucht wie ein privater Spekulant, ohne Rücksicht auf den Entwicklungsschaden der Gemeinde, einen nicht tragfähigen Höchstpreis durchzuboxen.“ Allein die Kosten zur Altlastenbeseitigung beziffert sie auf 300 000 Euro und beruft sich auf Untersuchungen des Landkreises. Ein Bodengutachten der KG hat ergeben, dass der Baugrund teils unter dicken Torfschichten beginnt. Als Nettobauland nimmt die KG 2 Hektar an, als Erlös zwei Millionen Euro, von denen alle Erschließungskosten abzuziehen sind.
Um eine „marktkonforme Preisfindung“ zu erreichen, hat die KG jetzt ein „notarielles Vermittlungsverfahren“ bei einem Potsdamer Notar beantragt. Es ist ein erster Warnschuss bei Streitfällen nach Sachenbereinigungsgesetz. Die Gewächshausbrache gehörte einst der LPG Gewächshauswirtschaften Werder. Die ausgegründete Potsdamer Blumen e.G. übernahm zur Wendezeit die Gewächshäuser, bekam 1991 wegen des Heizwerks im Ort ein Produktionsverbot ausgesprochen. Die Flächen gingen an die Treuhand, die Gewächshäuser blieben bei der Genossenschaft. Anfangs rang die Firma um die Wiederbelebung der Produktion. Nach einem zermürbenden Hickhack gab man vor fünf Jahren auf und stimmte einem Flächenverkauf durch die BVVG zu. Als auch daraus nichts zu werden schien, verkaufte die Genossenschaft ihre Gewächshäuser an die Blütenviertel KG. Die nennt als oberstes Ziel, städtebaulichen Schaden von Caputh abzuwenden. Dazu soll ein Rahmenplan der Gemeinde von 1994 umgesetzt werden, der eine lockere Bebauung mit Wohnungen, Dienstleistung, Handel und einem Dorfplatz vorsieht.
„Wir wollen, dass der Preis endlich unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und nachvollziehbar ermittelt wird“, so Tittel. Die BVVG habe immer nur „Parteigutachten“ erstellt. Aus Tittels Sicht sind die überhöhten Preisvorstellungen auch der Grund, warum das Gelände immer noch brach liegt. Selbst ein Hamburger Investor, der eine dichte Einzelhausbebauung mit großem Einkaufszentrum plante, konnte die Fristen für ein Finanzierungskonzept nicht einhalten.
Die Blütenviertel KG hofft nun, ihre Ideen durch Investor Lothar Hardt umsetzen zu können. Dem Vernehmen nach darf auch er das Verkehrswertgutachten nicht einsehen. Er stimmt mit dem Bürgerfonds überein, an dieser zentralen Stelle eine ansprechende Ökosiedlung mit Maisonetten, Appartements, Einfamilienhäusern und neuen Wohnformen für Ältere entstehen zu lassen. Im alten Heizhaus kann er sich ein Begegnungszentrum vorstellen. Und auch der zweite Supermarkt, den sich viele Caputher wünschen, hätte Platz: mit einer anspruchvollen Architektur, wie Hardt betont. Er hat ein Gebot für die Fläche abgegeben – weit unterhalb des aufgerufenen Preises.
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