Potsdam-Mittelmark: Was muffelt, sind die Gänse
Derwitz ist eine Hauptstadt der Kleinkläranlagen in der Region – dank einer cleveren Vertragsklausel
Stand:
Werder (Havel) - Dass es in der Derwitzer Ortseinfahrt etwas muffelt, hat nichts mit den vielen Kleinkläranlagen hier zu tun, versichert Ortsvorsteher Klaus Behrendt – sondern mit der kleinen Gänsezucht am Ortsrand. Derwitz ist eine Hauptstadt der Kleinkläranlagen in der Region, und der Ortsvorsteher ist einer der Pioniere: Klaus Behrendt hat schon zu DDR-Zeiten sein Abwasser mit einfacher Technik selbst geklärt. Die ständigen Grubenentleerungen hätten ihn genervt. In Derwitz übernahm er eine Vorreiterrolle, um das Jahr 2000 zogen viele Derwitzer nach. „Früher gab es dafür noch Fördermittel“, erinnert sich Behrendt. „Wir retten hier in Derwitz die Welt“, witzelt er.
Seit der Wende hat der Abwasserzweckverband Werder-Havelland 82 Prozent aller Haushalte ans Abwassernetz angeschlossen. Im Landkreis sind im Schnitt inzwischen 89 Prozent der Haushalte am Kanal. Dass Werder hinterherhinkt, hat auch mit Derwitzer Cleverness zu tun: Das Dorf hat sich den Erhalt seiner Kleinkläranlagen bei der Eingemeindung im Jahr 2003 garantieren lassen: Bis 2020 darf die Stadt Werder keine Aktivitäten unternehmen, Derwitz zentral anzuschließen.
Ein Luxus, den sich viele kleinere Orte in der Mark wünschen würden – gemeinhin gilt der Anschlusszwang. Zuletzt war die Siedlung Bergheide in Michendorf mit ihrer Gegenwehr gegen den Netzanschluss gescheitert. Dabei ist die dezentrale Klärtechnik nicht nur bei Umweltfreunden, die das Wasser in der Region halten wollen, beliebt. Sie spart den Nutzern, so die Derwitzer Erfahrung, auch Geld.
Im Landkreis sind rund 27000 Bewohner noch nicht am Kanalnetz, nur etwa 3200 von ihnen haben nach Angaben des Landratsamtes Kleinkläranlagen. In Derwitz gibt es ein ganzes Dutzend davon, streng kontrolliert von der Unteren Wasserbehörde in Bad Belzig. Ortsvorsteher Behrendt nutzt die Technik nicht nur privat, sondern auch für ein Wohnhaus, das er an zehn Parteien vermietet. Die würden deutlich weniger für ihr Abwasser zahlen als beim WAZV, sagt er.
Auch Stephan Hübner aus dem Ortsbeirat gehört zu den Verfechtern der Kleinkläranlagen. „Ich habe noch nie gehört, dass hier jemand unzufrieden damit ist.“ Die Technologie sei nicht überall anwendbar, doch in Derwitz stimmen die Voraussetzungen. Das 500-Seelen-Dorf ist von zwei Wassergräben flankiert, die als Vorflut dienen. Von hier aus versickert und fließt geklärtes Wasser über Entwässerungsgräben bis nach Phöben und dort in die Havel. Die mittelalterliche Dorfstruktur ist noch gut erhalten, auch die Hofstellen haben oft die alte Größe und sind häufig einige tausend Quadratmeter groß. „Man braucht den Platz, wenn man sein Abwasser selbst klären will“, sagt Hübner.
Mit seiner Kleinkläranlage wird nicht nur das Abwasser seines Wohnhauses, sondern auch einer Pension mit vier Zimmern und eines Miethauses mit vier Wohnungen gereinigt: In einer Vierkammergrube hinterm Garten werden flüssige und feste Bestandteile getrennt, von einer Hebeanlage die Flüssigstoffe in ein Schilfbecken gepumpt. Eine Kooperative aus Pflanzen, Mikroorganismen und Kiessanden übernimmt dort die Reinigung. „Das gereinigte Wasser fließt in die Vorflut. Der WAZV muss nur die übriggebliebenen Feststoffe abholen“, so Hübner.
Im Landratsamt rechnet man damit, dass auch auf lange Sicht ein Teil der Mittelmärker aufgrund örtlicher Gegebenheiten dezentral entsorgt werden muss. Ob Derwitz ein solcher Fall ist, entscheide der WAZV – in acht Jahren. Henry Klix
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: