Potsdam-Mittelmark: Was Werders Therme noch blüht
Großprojekt Blütentherme: Welche Fragen offen sind und wie das Bad noch fertig werden könnte
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Werder (Havel) - Blütentherme in Werder – nicht nur der Bauplatz, das ganze Projekt erscheint derzeit als Baustelle. Explodierende Kosten, Personalien und der Eröffnungstermin, den die Kristall Bäder AG zum siebten Mal platzen ließ: Der Streit um Werders Großprojekt, dass dem Erholungsort den Weg in die touristische Zukunft weisen soll, ist in den vergangenen Wochen eskaliert. Seit der Sondersitzung des Hauptausschusses am Donnerstagabend werden nun wieder etwas moderatere Töne angeschlagen. An dieser Stelle zählen wir auf, welche offenen Fragen es zu der öffentlich-privaten Partnerschaft zurzeit gibt und über welche Themen die Partner verhandeln müssen.
Die Projektkosten
Die Kristall Bäder AG wollte der Stadt an sich für die „Garantiebausumme“von 18 Millionen Euro ein Bad – in etwa mit dem Ausstattungsstandard der Kristalltherme Ludwigsfelde – bauen. Die Stadt bezahlt die Kristall Bäder AG nach Ratenplan, bislang sind 17,7 Millionen Euro öffentlicher Gelder geflossen. 1,2 Millionen hält man noch bereit, teilweise soll es dafür aber schon Zahlungszusagen an Subunternehmen geben.
Grundidee des Projektvertrages: Die Stadt kauft sich für neun Millionen Eigenmittel einen Badbetreiber und ist damit auf längere Sicht von den Betriebskosten befreit. Weitere neun Millionen der Badkosten werden aus einem Kommunalkredit beglichen. Die Kristall Bäder AG soll die Therme nach der Eröffnung pachten. Aus der Pacht werden 60 Prozent des Kommunalkredits bedient, er wäre nach 25 Jahren abbezahlt. Die Kristall Bäder AG trägt in dieser Zeit alle Betriebs- und Instandhaltungskosten. Nach dem vierten Jahr besteht eine Kaufoption: Demnach könnte die Kristall Bäder AG Bad und Grundstück erwerben und müsste den Kreditdienst – 500 000 Euro jährlich – komplett übernehmen.
Das Bad wird nun allerdings teurer als 18 Millionen: Die Baukosten werden sich, wie es von der Kristall Bäder AG heißt, auf 24,8 Millionen Euro erhöhen. Wegen der verzögerten Baugenehmigung hatten sich die Stadtverordneten bereits bereiterklärt, 900 000 Euro mehr für das Bad, also 18,9 Millionen, zu zahlen. Die restlichen Mehrkosten will nach eigenem Bekunden die Kristall Bäder AG übernehmen.
Die Ausstattung
Zur Ausstattung gibt es besonders viele offene Fragen. Porsche oder VW? Man wird es wohl erst sehen, wenn die Therme fertig wird. Die Kristall Bäder AG versichert, dass es am Ende mehr Angebote geben soll als vertraglich vereinbart. Foyer- und Umkleidebereiche sollen größer, eine zweite Poolbar gebaut werden, statt eines Einmeter- ein Dreimetersprungbrett fürs Sportbecken entstehen und statt der vertraglichen 12 insgesamt 14 Becken. Statt 20 Massagewhirl-Liegen seien Sprudelmassage-Sitze für 140 Personen geplant. All diese Investitionen seien notwendig, weil in Potsdam mehr als das angekündigte Sportbad gebaut werden solle, argumentiert die Kristall Bäder AG. Problem: Viel ist auf der Baustelle davon nicht zu sehen. Offen ist auch, ob die Kristall Bäder AG berechtigt war, statt der im Vertrag vorgesehenen Fernwärmeversorgung ein Blockheizkraftwerk zu errichten.
Der Bautenstand
Die Kristall Bäder AG erklärt, dass das Bad in großen Bereichen zu 90 Prozent fertig sei. Da von knapp 25 Millionen Euro erst 18 Millionen verbaut sind, dürfte der tatsächliche Bautenstand eher bei 70 Prozent liegen. Von den beiden 100-Meter-Rutschen und dem versprochenen Kinderbecken ist noch nichts zu sehen. Das Dach ist nicht dicht und angeblich gibt es erste Bauschäden, weil Wasser eindringt. Der Estrich fehlt zu großen Teilen, die Elektroinstallation ist bei Weitem nicht komplett, nicht mal die Treppen ins Becken sind betoniert, wie man vom Außengelände aus sieht. Die Fassade ist unfertig, die meisten Türen und Fenster fehlen und bis auf ein paar Eckchen ist die Therme ungefliest. Lüftungs-, Steuerungs- und Sicherheitstechnik sind nicht funktionstüchtig, im Außenbereich wächst das Unkraut und der Parkplatz ist nur geschottert. Kristall-Bäder-Chef Steinhart will die Therme bis Weihnachten fertig haben, wenn er sich mit der Stadt einig wird. Der Herbst 2015 scheint wohl realistischer. Laut Projektvertrag sollte die Therme Mitte 2013 stehen, die Fertigstellung war von der Kristall Bäder AG sogar schon für Dezember 2012 versprochen worden.
Die Zwischenfinanzierung
Die Kristall Bäder AG kritisiert, dass unlängst eine Zwischenfinanzierung von 1,8 Millionen Euro, die von der Stadt mit zehn Prozent des Projektpreises besichert worden war, nicht fortgeführt werden konnte. Mit Zwischenfinanzierungen können Zeiten überbrückt werden, in denen zum Beispiel Eigenkapital beschafft wird. Am Donnerstagabend klärte das Rathaus auf, dass laut Projektvertrag gar kein Anspruch mehr auf die Besicherung einer Zwischenfinanzierung durch Abtretung besteht, wenn die Differenz zwischen geschuldeter und ausgezahlter Summe nicht mehr reicht. Da die Stadt 17,7 Millionen Euro bezahlt hat und die Projektkosten sich auf 18 Millionen belaufen sollten, ist die Sicherheit zwangsläufig weg. Unklar ist, warum ein so großes Unternehmen, das nach eigenen Angaben 15 Thermen betreibt, die Zwischenfinanzierung nicht selbst besichern kann, zumal es zur Fertigstellung des Bades noch fast sechs Millionen Euro selbst einbringen will.
Und jetzt?
Bürgermeister Werner Große sagte in den vergangenen Tagen immer wieder: Die Kristall Bäder AG schuldet der Stadt eine Therme. Die Garantiebausumme von 18 Millionen ist aufgebraucht, der Bau ist nicht fertig. Die Stadt hätte gewiss die Möglichkeit, der Kristall Bäder AG zu kündigen und die massiven Mehrkosten, die mit einer Neuausschreibung zu erwarten sind, geltend zu machen. Das würde nicht ohne Klagen abgehen und nochmals zu jahrelangen Verzögerungen führen. Auch die Kristall Bäder AG hat damit gedroht, aus dem Vertrag auszusteigen und Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Die Frage ist, welche Pflichtverletzungen sie der Stadt anlasten will. Dass es zwischen dem Unternehmen und der städtischen Controllerin gelegentlich knirscht, dürfte ein Gericht kaum interessieren. Schließlich ist sie dazu da, Missstände anzusprechen. Letzter Stand: Man will sich einigen und gemeinsam die opulentere Therme zu Ende bauen. Die Kristall Bäder AG wird sicher neben einem denkbaren Imageschaden auch an die drohende Konkurrenz am hochattraktiven Standort am Zernsee denken. Geld ist derzeit billig und so haben sich, selbst gegenüber den PNN, schon Investoren Gedanken gemacht, ob man sich nicht als neuer Partner anbietet.
Die Perspektive: Die Stadt wäre offenbar zu einer weiteren Zwischenfinanzierung bereit, wenn die Kristall Bäder entsprechende Sicherheiten für den späteren Kaufpreis beibringt. Der Kaufpreis würde sich dann entsprechend erhöhen. Die Stadt erwartet von der Kristall Bäder AG jetzt auch einen verbindlichen Fertigstellungstermin und einen Finanzierungsnachweis der Mehrkosten bis zum Bauabschluss. Gibt es dann nochmals Verzug, soll es empfindliche Strafen geben.
nbsp;Henry Klix
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