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Potsdam-Mittelmark: Wäscheblau und Muskelkraft
Zeitzeugenberichte von Teltower Waschfrauen veröffentlicht
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Teltow - Zinkwanne, Kernseife und Ausdauer, das waren bis Mitte des letzten Jahrhunderts die wichtigsten Voraussetzungen für saubere Wäsche. An die tagelange Waschprozedur und die Rituale um den Waschtag, die in jeder Familie unterschiedlich ausfielen, erinnern Zeitzeugenberichte von zehn Waschfrauen aus Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow. Die Berichte sammelten die Kleinmachnowerin Helma Hörath und die Teltowerin Gertrud Hintze in ihrem Buch „Und sehet den fleißigen Waschfrauen zu“, das die beiden Seniorinnen am Montag im Bürgerhaus der Stadt vorstellten.
Die Geschichten erzählen nicht nur von schmutzigen und sauberen Textilien, sondern auch von dem Leben, das sich zwischen den 20er- und 40er-Jahren in den Hinterhöfen abspielte. Bevor es mit dem Waschen losging, musste erst das Wasser aus der nächsten Pumpe in die Wannen geschleppt werden. Eine Zeitzeugin erinnert sich, dass ihre Mutter die Wäsche mit Regenwasser wusch. Auch Kartoffelwasser wurde genutzt: „Das eignete sich wegen seiner Stärke hervorragend für Strümpfe und Buntes“, zitiert Hörath eine der befragten Waschfrauen.
Verbrennungen durch das kochende Wasser, in dem die Weißwäsche gebadet wurde, oder schwere Arme, nachdem die feuchten Textilien von Hand ausgewrungen wurden, gehörten zu einem Waschtag dazu. „Eine Wringe, die eine große Arbeitserleichterung brachte, war Luxus“, erzählt Gertrud Hintze. Aus Sparsamkeit wurden auch die Kinder im Anschluss an die Waschprozedur mit dem übrigen Seifenwasser geschrubbt und gewaschen.
Wenn die Kleider dann fein säuberlich nach Größe, Art und Farbe auf der straff gespannten Leine im Wind wehten, war das Muttis ganzer Stolz. Denn sie erhoffte sich dadurch ein Lob der vorbeigehenden Passanten, erzählt einer der Berichte. Tischtücher, Laken und leichte Stoffe wurden im Sommer auch auf dem Rasen ausgebreitet. Sie strahlten so weiß, da sie mit Wäscheblau, dem damals eingesetzten Bleichmittel, behandelt wurden. Der Name Wäscheblau, so erklärt das Waschbuch, entstand durch die in dem Pulver enthaltenen Blaustoffe, die der Wäsche einen leichten Blaustich gaben. Dieser wirkte als Komplementärfarbe zum gräulichen Gilb der Weißwäsche.
Auf die Idee für das Projekt kamen die beiden Seniorinnen, als sie vor zwei Jahren mit älteren Damen die Ausstellung zur historischen Waschtechnik im Teltower Heimatmuseum besuchten. „Die älteren Damen fingen automatisch an zu erzählen und schwelgten in Erinnerungen“, sagt Gertrud Hintze. Das Projekt wurde endgültig besiegelt, als Hörath und Hintze einen Waschtag mit historischem Zubehör im Teltower Mehrgenerationenhaus Philantow organisierten. Die Begeisterung der jungen Eltern und Kinder zeigte den Autorinnen, dass dieses Thema anrege, über das Leben von früher nachzudenken. Ideen für die nächsten Projekte haben die zwei Frauen auch schon: „Wir wollen der Öffentlichkeit sowohl Kinderzimmer als auch Schulwege im Vergleich von früher zu heute vorstellen“, erzählt Helma Hörath. Eva Schmid
Das Waschbuch mit historischen Fotos kann gegen eine Spende im Teltower Heimatmuseum in der Ritterstraße 14 ab dem 15. März erworben werden.
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