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Von Henry Klix: Wasserflieger und Krötenwanderung

Beim Unternehmergespräch in Schwielowsee ging es um touristische Weichenstellungen für die Zukunft

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Schwielowsee - Prominenter Stammgast beim fünften Unternehmergespräch in Schwielowsee: Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) muss sie wohl erwartet haben, die Bitte um ein Statement zum geplanten Landeplatz eines Wasserflugzeugs auf dem Schwielowsee. Er wirkte vorbereitet, sprach im Märkischen Gildehaus von seinem Vertrauen „in ein rechtsstaatliches Verfahren“ und eine „verantwortungsvolle Abwägung der Luftfahrtbehörde“. Wie berichtet soll Anfang Juni eine Entscheidung zu dem umstrittenen Landeplatz vorliegen. Und dann doch noch ein kleiner Hinweis, wo der Minister steht: „Bitte erwarten sie nicht dass ich sage: Das Projekt ist per se schlecht.“

Schwielowsee will „Staatlich anerkannter Erholungsort“ werden, am 9. Oktober wird eine Kommission des Wirtschaftsministeriums entscheiden, ob sich der lange Bewerbungsweg zum Qualitätssiegel überhaupt lohnt. Beim Unternehmergespräch zeigte sich, wie weit Politik, Wirtschaft und Bürgerschaft von einer von allen getragenen Vermarktungsstrategie der Tourismusregion entfernt sind. Denn wenn auch oft vom „sanften Tourismus“ die Rede ist, die touristischen Träger verbinden den Begriff auch mit „Friedhofsruhe“.

„Die Gäste kommen, um das Fährfest oder den Fahrradsonntag zu besuchen, weil sie von hier aus nach Potsdam und Berlin wollen“, sagte die Vorsitzende des „Schwielowsee Tourismus e.V.“, Birgit Farthmann, die auch als Inhaberin des „Landhaus Haveltreff“ in Caputh mit dem Geschäft vertraut ist. Eine Krötenwanderung ließe sich einfach nicht verkaufen. Etwas Toleranz sei deshalb angebracht, wenn es um das Wasserflugzeug des Petzower Resorts geht. „Auch gegen die Hotelpläne wurde ja interveniert, und doch hat sich das Resort positiv auf die Attraktivität der Region ausgewirkt“, sagte Farthmann.

Ingrid Protze von der Fercher Obstkistenbühne hat hingegen den Eindruck, dass „Sensationen“ im touristischen Geschehen derzeit eine zu große Rolle spielen. „Wir sollten unsere Ressourcen bewahren und einen guten Kompromiss zwischen Stille und Event finden.“ Wieder eine andere Meinung von Jan Lehmann, dem in Caputh lebende Geschäftsführer der Weissen Flotte. Er sprach von „seit Jahren stagnierenden Gästezahlen“ auf der Schiffslinie Potsdam-Caputh-Ferch. „Die Leute steigen an den Anlegestellen gar nicht aus, weil es keine interessanten Angebote an Land gibt.“ Zu wild darf es aber auch für Lehmann nicht werden: Wie sich das Wasserflugzeug mit seinen Ausflugsdampfern auf dem Schwielowsee vertragen soll, ist ihm völlig unklar. „Mich hat bis jetzt auch keiner danach gefragt.“

Wo bleiben am Wochenende die Autos der Ausflugstouristen? Reichen die Angebote für Kinder? Was machen wir gegen den zunehmenden Fluglärm? Brauchen wir mehr Anlegemöglichkeiten für Bootstouristen, und wo können die Kanu-Wanderer hin? Wann wird die Lücke vom Fahrradrundweg um den Schwielowsee an der Baumgartenbrücke geschlossen? Viele Fragen wurden am Donnerstagabend mit den rund 80 Gästen diskutiert, ohne dass es abschließende Antworten gab. Auch das ein Zeichen, dass bei allem Erreichten noch viel konzeptionelle Arbeit vor der Gemeinde liegt.

Minister Junghanns warnte, wie gnadenlos Touristen in der Bewertung ihrer Urlaubsziele sind. Schwielowsee habe eine solide Basis mit Natur und Wasser, seinem Erscheinungsbild, dem Caputher Schloss, der Verbindung zu Einstein und den kulturellen Angeboten. Das Ziel, auch international für Gäste zu werben und die Aufenthaltsdauer von derzeit durchschnittlich 2,2 Tagen zu erhöhen, müsse aber von der gesamten Region getragen werden. Junghanns – als Großkoalitionär und CDU-Landeschef geübt in Kompromissen – warnte vor „ultimativen Forderungen“ in diesem Selbstfindungsprozess. „Die Chance besteht im authentischen Mix, der Durchschnittstourismus macht uns beliebig.“

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