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Potsdam-Mittelmark: Weg frei für neue Mega-Windparks
Der Regionalplan Havelland-Fläming mit 24 neuen Eignungsgebieten ist beschlossene Sache. Es wird aber fest mit Klagen gerechnet
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Potsdam - Der Weg für 24 neue Windparks mit Windrädern, bald viermal so hoch wie das Hotel Mercure in Potsdam, ist fast frei: Die Regionalversammlung der Region Havelland-Fläming hat gestern mit großer Mehrheit den neuen Regionalplan verabschiedet. Darin sind auf etwa 150 Quadratkilometern Eignungsflächen für Windparks mit bis zu 200 Meter hohen Windrädern verzeichnet. Zum Vergleich: Potsdam ist mit seinen Ortsteilen knapp 190 Quadratkilometer groß.
Abgelehnt wurde der Regionalplan von Vertretern aus Werder (Havel), Beelitz, Zossen, Brieselang und einem der acht Potsdamer Regionalräte, dem Naturschützer Axel Heinzel-Berndt. Zossens Bürgermeisterin Michaela Schreiber kündigte an, eine Klage zu prüfen. Auch mit anderen Klagen wird gerechnet. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der die Versammlung gestern leitete, zeigte sich dennoch zufrieden, dass ein zweieinhalbjähriger Meinungsaustausch mit der Beschlussfassung sein vorläufiges Ende gefunden habe.
Der Regionalplan war zweimal ausgelegt worden, die Regionalplanungsstelle musste sich mit insgesamt fast 95 000 Einwänden von 7800 Absendern befassen. Darunter seien nicht nur Gegner der neuen Windparks gewesen, wie es hieß. Von Grundstückseigentümern und ihren Anwälten seien zusätzliche Flächen von 270 Quadratkilometern gefordert worden. Auch aus dieser Richtung wird deshalb juristischer Widerstand erwartet.
Ein früherer „Teilplan Windenergie“ für die Region war vom Oberverwaltungsgericht nach der Klage eines Windparkbetreibers bereits kassiert worden: Aus Sicht der Richter wurde mit dreizehn Eignungsgebieten „kein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung“ bereitgestellt. Daraufhin wurden jetzt deutlich mehr Flächen ausgewiesen.
Die Rechtslage ist eindeutig: Der Windkraft ist laut geltender Rechtsprechung „substanzieller Raum“ zu verschaffen. Windparks sind schon seit Zeiten von Kanzler Helmut Kohl (CDU) im Baugesetzbuch „privilegiert“. Soweit keine „öffentlichen Belange“ entgegenstehen, genießen Investoren erhebliche Vorrechte. Diese Belange hat die Regionalversammlung im Regionalplan nun als „Planungskriterien“ festgezurrt, die auch der Rechtsprechung entnommen wurden.
Die Anlagen sollen demnach mindestens 1000 Meter von Siedlungen und fünf Kilometer voneinander entfernt sein, höchstens zwanzig, mindestens aber ein Quadratkilometer groß sein. Auch Naturschutzkriterien und Gesundheitsaspekte sind eingeflossen.
Die Kommunen sind verpflichtet, den Windparkbetreibern Flächen bereitzustellen – wenn sie das nicht freiwillig tun, hat die Branche weitergehende Spielräume. Oberbürgermeister Jakobs warnte vor der Abstimmung im Potsdamer Rathaus, dass ohne Regionalplan ein Wildwuchs neuer Windfarmen drohe. „Die Regionalversammlung steht in der Verantwortung, dass die Genehmigung von Windkraftanlagen nach geordneten Prinzipien vonstatten geht.“
Die meisten der Bürgereinwände gegen die neuen Windfarmen wurden am Dienstagabend abgewiesen, etwa zu den Themen Infraschall, Wertverlust von Grundstücken oder fragwürdiger Energiepolitik. Winfried Ludwig von der Protestinitiative „Waldkleeblatt“ kommentierte: „Kein Wunder, dass Brandenburg in der Akzeptanz erneuerbarer Energien an letzter Stelle liegt.“ Einzelne Anregungen wurden allerdings auch aufgegriffen. So ist das Eignungsgebiet „Bliesendorfer Heide“ bei Bliesendorf um drei Quadratkilometer auf neun Quadratkilometern geschrumpft, um lärmschützenden Wald zu erhalten und die Belastungen für die Waldsiedlung Resau zu reduzieren. Vom Eignungsgebiet „Nuthe-Birkhorst“ blieben wegen eines Seeadlerhorstes von ursprünglich sieben sogar nur zwei Quadratkilometer übrig.
Insgesamt reduzierten sich die Eignungsflächen durch die Einwände um etwa 15 Prozent. Die Abwägung führte in 13 Fällen zu Verkleinerungen, in zwei zu minimalen Vergrößerungen. So wächst der Windpark Genshagener Heide, der teilweise auf Teltower und Stahnsdorfer Gemarkung steht, auf Anregung der Stadt Ludwigsfelde um 0,1 auf 3 Quadratkilometer. Acht der Windparks dürfen die Kommunen auf eigenen Wunsch etwas vergrößern, wenn dafür ältere Windparks auf ungeeigneten Flächen aufgelöst werden. Insgesamt sind 14 Quadratkilometer solcher zusätzlicher „Potenzialflächen“ im Regionalplan ausgewiesen.
Zur Planungsregion Havelland-Fläming gehören die Landkreise Havelland, Teltow-Fläming, Potsdam-Mittelmark sowie die Städte Brandenburg (Havel) und Potsdam. Sie werden in der Regionalversammlung durch 40 Regionalräte, darunter die Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister großer Städte, vertreten.
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