zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Weg von Wohlfahrtsgedanken

Bei der Diskussion um Hartz IV blieb Werders SPD unter sich

Stand:

Bei der Diskussion um Hartz IV blieb Werders SPD unter sich Werder · Töplitz - „Wir gehen Reformen an, für die wir wahrlich nicht geliebt werden“, schätzte Andrea Wicklein am Mittwochabend die Situation ihrer Partei ein. Die SPD-Bundestagsabgeordnete war nach Töplitz zu einem Informationsabend der Werderaner SPD gekommen, Hartz IV zu erklären stand auf der Tagesordnung. Zwar waren die Bürger des Ortes eingeladen, doch blieb der Ortsverein weitgehend unter sich. Andrea Wicklein brachte das Grundanliegen dieser ihrer Meinung nach „größten Reform des Sozialsystems seit Bismarck“ auf einen Nenner: Der deutsche Staat kann es nicht länger verkraften, jährlich 70 Milliarden Euro für Verwaltung und Absicherung der Erwerbslosigkeit auszugeben. Immerhin seien die jährlichen Zinszahlungen durch den Schuldenberg genauso hoch. „Tatsache ist, mit den 70 Milliarden haben wir bisher keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen“, sagte sie. Für sie sei die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ein wichtiger Schritt weg vom Wohlfahrtsgedanken hin zu einer bedarfsgerechten Grundsicherung für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Wicklein umreißt die Stärke dieser Gruppe: Im Vergleich zu 1991 ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf das Fünffache gestiegen und liegt heute bei 2,1 Millionen. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger stieg in der gleichen Zeit von 2 auf 2,7 Millionen. Susanne Melior kämpft derzeit erneut um einen SPD-Sitz im Brandenburger Landtag und räumt ein: Man komme in den Diskussionen um Hartz IV nicht herum, auch wenn es Entscheidungen auf Bundesebene seien. „Das Thema ist bei uns so brisant, weil es im Osten einfach keine Arbeit gibt“, sagte sie. Trotz aller Bedenken müsse man festhalten: Hartz IV ist nur ein Krisenmanagement. „Wir brauchen bald die nächsten Schritte“, sagte die Landtagsabgeordnete und SPD-Kreischefin. Dieser Richtungswechsel in der Sozialpolitik hätte viel früher angekündigt werden müssen, stellte Stefan Deinhard aus Töplitz fest. Jedoch halte er diese Reform für das derzeit einzig Mögliche, aber „man muss doch eine gute und notwendige Sozialreformen auch entsprechend verkaufen“, sagte er. Die Informationspolitik der Bundesregierung sei in diesem Punkt eine einzige Katastrophe. Anja Spiegel von den Jusos hat kein Verständnis dafür, dass die Umverteilung zugunsten der Wohlhabenden nicht gestoppt wird und sich das beim Steuersatz auch niederschlage. SPD-Kreistagsabgeordneter Joachim Lindicke hatte bereits einige konkrete Beispiele für die Berechnung von Hartz-IV-Zuschüssen aus der Kreisverwaltung vorliegen. „Die bereiten sich in Belzig gut auf die neue Situation vor“, schätzte er ein. Dem Leester SPD-Mitglied Jochen Löggow greift die derzeitige Diskussion nicht weit genug. Man dürfe nicht allein die Neuregelungen sehen. „Was ist mit der Schule, von der viele Abgänger denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Berufsausbildung mitbringen, und wie geht man weiter mit Schwarzarbeit um?“ fragte er. „Wir müssen einfach alle Probleme in der Gesellschaft zusammen in einem großen Komplex betrachten“, sagte Löggow. Winfried Gutzeit

Winfried Gutzeit

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })