Potsdam-Mittelmark: Weichen zur Stammbahn gestellt
Land Berlin stoppt Bau eines Rad- und Fußwegs auf der Trasse in Schöneberg. Neues Gutachten geplant
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Die Chancen für eine Reaktivierung der Eisenbahnverbindung zwischen Potsdam, Kleinmachnow und Berlin-Zehlendorf, Stammbahn genannt, steigen immer weiter. Die Berliner Senatsverkehrsverwaltung wer-de eine neue Wirtschaftlichkeitsrechnung in Auftrag geben – vorausgesetzt, die aktuelle Bevölkerungsprognose ergebe, dass Berlin und Potsdam weiter wachsende Städte seien, sagte der Sprecher der Verwaltung, Martin Pallgen. Die Verkehrsverwaltung hat deshalb den Bau eines Rad- und Fußwegs auf der Trasse in Schöneberg gestoppt. Unklar ist, wie sich die neue Situation auf den hier geplanten „Fahrrad-Highway“ auswirken wird.
Der geplante Wiederaufbau der ersten preußischen Eisenbahnstrecke, die seit 1945 unterbrochen ist, war 2008 in Bausch und Bogen gescheitert. Eine sogenannte Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) hatte nur einen Wert von 0,7 erbracht. Das heißt, für einen investierten Euro hätte es nur einen Nutzen im Wert von 70 Cent ergeben. Wirtschaftlich – und damit förderungswürdig – ist ein Projekt daher nur mit einem Wert, der höher als eins liegt.
Bereits damals war unter anderem vom Fahrgastverband Igeb bemängelt worden, dass in der – dann negativen – Rechnung nicht alle Faktoren berücksichtigt worden seien. Auch Pläne, die Stammbahn nur zwischen Zehlendorf und Kleinmachnow/Dreilinden als S-Bahn zu reaktivieren, waren seither nicht vorangekommen. S-Bahnen fuhren hier bereits bis zum Mauerbau 1961. Eine wiederbelebte Stammbahn wäre auch eine Ausweich- und Entlastungsstrecke für die hoch frequentierte Ost-West-Stadtbahn in Berlin zwischen Westkreuz und Ostkreuz, argumentiert Jens Klocksin von der Bürgerinitiative Stammbahn. Im nach der Wende entwickelten Bahnkonzept, dessen Kern der neue Nord-Süd-Tunnel mit dem Hauptbahnhof ist, war auch die Stammbahn enthalten. Beim Tunnelbau war deshalb für rund 25 Millionen Euro ein Anschluss an die Nord-Süd-Strecke gebaut worden. Weil die Züge nicht kamen, musste die Bahn das Geld an den Bund zurückzahlen. Um einen Wiederaufbau der Gleise nicht zu gefährden, hat die Verkehrsverwaltung jetzt Förderzusagen für den Bau eines Rad- und Fußweges im sogenannten Wannseegraben entlang der Crellestraße in Schöneberg zurückgezogen. Der Weg gehört zum Projekt „Schöneberger Schleife“. Sie soll vom Potsdamer Platz durch den Park am Gleisdreieck bis zur Torgauer Straße und dann zurück durch den Wannseebahngraben wieder zum Potsdamer Platz führen. Ein Großteil des Wegs ist bereits fertig.
Der Bezirk müsse jetzt eine Alternative für den Weg vorlegen, die wieder gefördert werden könne, sagte Pallgen. Die Vorgabe ist klar: Anders als bisher geplant dürfen Bahnflächen nicht genutzt werden; auch nicht vorübergehend, wie das Bezirksamt mitteilte. „Wir können hier jetzt nichts zementieren“, sagte Pallgen. Gegenüber dem Bezirksamt hat die Verkehrsverwaltung die Rücknahme der Förderzusage mit der Stammbahn begründet, deren Notwendigkeit sich aus der prognostizierten Bevölkerungszunahme in Berlin und dem Umland in den nächsten Jahren ableite.
Unabhängig davon hält die CDU Steglitz-Zehlendorf an ihrem Plan fest, entlang oder auf der Stammbahn-Trasse einen „Fahrrad-Highway“ anzulegen. Das Konzept hatte ursprünglich der Architekt Tim Lehmann entwickelt. „Wir wollen beides – die Bahn und den Weg“, sagte der CDU-Kreisvorstand und Justizsenator Thomas Heilmann am Sonntag. Zudem rechne er damit, dass die Bahn frühestens in 15 Jahren komme. Wo der Platz fehle, solle der „Fahrrad-Highway“ nach oben wandern, wobei Lärmschutzwände als Fundament genutzt werden könnten. Den Bau will Heilmann in einen neuen Koalitionsvertrag aufnehmen – falls die CDU an der Regierung bleibt.
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