Potsdam-Mittelmark: Weiterbildungen kaum gefragt
Trotz 700 Euro mehr im Monat wollen sich nur wenige Tagespflegeeltern als Erzieher qualifizieren lassen
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Potsdam-Mittelmark - Die Tageseltern im Landkreis bilden sich nicht weiter. Obwohl ihnen ein Gehaltserhöhung von rund 700 Euro im Monat winkt, haben sich erst fünf von insgesamt 166 Tagespflegern für eine berufsbegleitende Fortbildung zum Erzieher entschieden. Damit hat die vom Kreis im Januar eingeführte Richtlinie zur Entlohnung der Tagespflegeeltern ihr Hauptziel bislang verfehlt: Mit der Aussicht auf mehr Geld sollten die Tageseltern zur Weiterbildung animiert werden.
Das großes Ziel der Reform war es, mit den ausgebildeten Erziehern mehr Qualität in die Tagespflege zu bringen – so hat es bereits der Bundesgesetzgeber vorgesehen. Die Tagespflege soll neben der Kita ein gleichwertiges Betreuungsangebot sein, erklärte Regina Thinius, zuständige Leiterin des Fachdienstes Finanzhilfen für Familien im Kreis, gegenüber den PNN. Das gelte sowohl für die Qualität der Betreuung, als auch die Qualifizierung der Betreuer, sagte Thinius. Im Kreis wollte man deshalb mit einem vierstufigen Entgeltsystem Anreize für die Tageseltern schaffen, sich der dreijährigen Ausbildung zu stellen. Bislang jedoch ohne Erfolg: „Wir haben uns eine größere Resonanz erhofft“, sagte Thinius. Knapp 70 Prozent der Tagesmütter und -väter im Kreis werden weiterhin nach der geringsten Entgeltstufe bezahlt. Bei maximal fünf zu betreuenden Kindern können sie 2562 Euro brutto verdienen. Von dem Geld müssen neben Steuern und Sozialabgaben auch Kosten für Strom, Wasser, Lebensmittel, Spielzeug und Ähnliches getragen werden.
Lediglich drei Tagespflegeeltern im Kreis können derzeit eine Ausbildung zur Säuglings- oder Kinderkrankenschwester vorweisen. Sie können 3007 Euro brutto verdienen. Die 44 ausgebildeten Erzieher in der Tagespflege des Kreises erhalten 3208 Euro brutto.
Gründe für die geringe Fortbildungsquote bei den Tageseltern sieht Thinius auch in deren Alter. Im Durchschnitt seien die Tagesmütter und -väter 45 Jahre alt. Sich auf die Schulbank zu setzen, käme für viele nicht infrage. Sie scheuten den Aufwand. Über den Zeitraum von drei Jahren müssten sie jeden Freitag und Samstag zur Schule. Das Problem: Die Tageseltern müssen in der Zeit einen Pflegeersatz für die Kinder finden.
„Eine berufsbegleitende Ausbildung ist immer anstrengend“, sagte Thinius. Deshalb will der Kreis den Tageseltern mit mehreren Modellen helfen, die Probleme zu lösen. Zum einen könnten die Eltern einspringen, die sonst ihre Kinder zur Tagespflege bringen. Sie könnten sich wöchentlich abwechseln und die Betreuung übernehmen, schlägt Thinius vor. Auch Ersatztageseltern könnten helfen. „Es gibt individuelle Lösungen“, sagte Thinius. Zudem seien die finanziellen Einbußen für die Tageseltern in Ausbildung gering, da der Kreis trotz der teilweisen Abwesenheit, den gleichen Lohn überweise. Allerdings müssen die Tageseltern ihren Ersatz selbst bezahlen.
Doch überhaupt Ersatz zu finden, könnte schwierig werden: Seit Einführung der Tagespflegerichtlinie haben sich im Landkreis 13 Tageseltern von ihrer Tätigkeit zurückgezogen. Die Gesetzesnovelle des Kreises hätte damit nichts zu tun, sagte Thinius – allerdings erntete die Reform schon bei der Einführung im Januar Kritik von vielen Tageseltern. Die Fortbildung sei praktisch kaum möglich, beklagten sie immer wieder (PNN berichteten). Ein Hinweis darauf gibt auch die Zahl der Interessenten für die dreijährige Ausbildung: Fast 20 Tageseltern hatten sich beworben. Nur fünf können Tagespflege und Ausbildung nun tatsächlich unter einen Hut bringen, so Thinius. Tobias Reichelt
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