
© Enrico Bellin
Streit um Dackeldame: Wem gehört "Bonnie von Beelitz" ?
Dackelposse vor dem Potsdamer Landgericht. Richter muss über den Wohnort eines Rauhaardackels entscheiden, der seit vier Jahren in München lebt, aber eigentlich aus Ferch stammt.
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Schwielowsee - Bonnie kommt zurück nach Ferch. Vor gut vier Jahren war die Dackeldame „Bonnie von Beelitz“ ihrem Herrchen auf einem Sommerfest auf dem Klaistower Spargelhof entlaufen und von ihrer Finderin mit nach München genommen worden, wo seither ihre Hütte steht. Wie vor dem Potsdamer Landgericht am Mittwoch klar wurde, steht Bonnie nun der Umzug zurück an den Schwielowsee bevor.
„Vor zwei Jahren haben wir erfahren, dass unsere Bonnie noch lebt, seither kämpfen wir um sie“, sagt Jutta Kühl den PNN. Die 70-Jährige aus Ferch kämpft vor der Verhandlung mit den Tränen. Ein schrecklicher Tag sei es gewesen, als die damals gut ein halbes Jahr alte Rauhaardackelhündin am Spargelhof einfach aus dem Auto ihres Mannes sprang – das Tier war ein Geschenk zu dessen 70. Geburtstag – und verschwand. Stundenlang hätte die ganze Familie den Hund gesucht, schließlich sollte es der letzte Hund im Leben der passionierten Jäger werden. Anrufe bei befreundeten Jägern und im Tierheim blieben erfolglos. Vor zwei Jahren habe dann der Züchter bei Familie Kühl angerufen. Bonnie lebt – in München.
Seither wird gestritten, ob der Dackel nun Bayer oder Preuße ist. Das Finderpaar ist der Meinung, dass es falsch wäre, den bei ihnen unter dem Namen Lullu lebenden Hund nach den Münchner Jahren aus der gewohnten Umgebung herauszureißen. Ein halbes Jahr lang wurde gestritten, ob der Fall in München oder Potsdam verhandelt wird. Das Potsdamer Amtsgericht entschied schließlich Ende vergangenen Jahres, dass der Hund zurück nach Ferch muss, das Ehepaar Kühl an die Münchner jedoch gut 600 Euro für die in den ersten beiden Jahren aufgelaufenen Kosten für Futter, Tierarzt und Hundesteuern zahlen muss. Die Münchner legten Revision ein, sie wollten den Hund behalten.
Rechtmäßige Besitzer des Dackels
Nach dem Urteil des Amtsgerichts fuhr Jutta Kühl mit einem Gerichtsvollzieher nach München, um „ihre Bonnie“ zurückzuholen. Doch niemand öffnete, sie sah ihre Hündin nur durch den Gartenzaun und hörte sie bellen. Warum sie den damals bereits angesetzten Berufungsprozess am Landgericht nicht abgewartet hat, bleibt offen.
Der vorsitzende Richter ließ am Mittwoch indes keinen Zweifel daran, dass er das Fercher Ehepaar für die rechtmäßigen Besitzer des Dackels hält. „Das Rechtliche steht hier aber nicht im Vordergrund, man muss an den Hund denken.“ Deshalb schlug das Landgericht vor, dass das Münchner Paar den Ferchern den Hund für 1 500 Euro abkauft. Andernfalls müssten Kühls, so hat es das Gericht vorher in fünfstündiger Sitzung mit dem Anwalt der Münchner ausgerechnet, mehr als 3 000 Euro Unterhaltskosten für die vier Jahre in München zahlen. Kühls müssten demnach auch die Kosten für den Hund übernehmen, die seit Beginn des Rechtsstreites entstanden sind.
Alles andere als ihren Hund wiederzubekommen, steht für die Fercher jedoch außer Frage. Und so wird das Gericht am 10. August sein Urteil verkünden. Bis dahin soll der genaue Unterhaltsbetrag ausgerechnet werden.
Gefunden wurde Bonnie, als ihr Münchner Frauchen Anna K. vor zwei Jahren einen weiteren Dackel kaufte. Dessen Züchterin war in der Lage, die in einem in Bonnie implantierten Chip gespeicherte Nummer in die Datenbank des Deutschen Teckelklubs einzugeben, so kam sie auf den Züchter in Beelitz und informierte ihn.
Für die Fercher ist das ein Beweis, dass es den Münchnern gar nicht um den Hund geht. Sie hätten den wahren Besitzer nicht gesucht, sondern wollten nur den Kontakt zum Züchter, um an die Papiere des Hundes zu kommen. „Die braucht man zum Züchten, nicht zum Liebhaben“, so der Anwalt der Kühls.
Von Entführung könne keine Rede sein
Anna K. widerspricht nach der Gerichtsverhandlung, nun hat sie Tränen in den Augen. Sie und ihr Freund hätten die Nummer in Bonnies Chip bei einer großen Internetplattform eingestellt, dort hätte der Beelitzer Züchter sie finden können. Auch hätten Kühls keine Flugblätter ausgehangen oder ähnliche Aktionen gestartet. „Meine Mutter wohnt in Glindow nur fünf Kilometer von Ferch entfernt, sie hätte das mit Sicherheit gesehen“, so die 34-Jährige gegenüber den PNN.
Von einer Entführung des Hundes, wie es in einigen Medien hieß, könne ohnehin keine Rede sein. „Wir haben zu Lullus Herkunft nie gelogen“, so Anna K. Ihr Anwalt, der selbst Dackel züchtet, bezweifelt, ob in Ferch noch einmal eine Bindung zwischen Hund und Besitzern möglich ist. Mit dem erwartbaren Urteil würden er und seine Mandanten sich aber abfinden, bis vors Bundesverfassungsgericht werde man nicht gehen.
Wann „Bonnie von Beelitz“ nun wieder ins heimische Ferch kommt, ist allerdings offen. Nach der Urteilsverkündung im August müssen beide Parteien einen Termin finden, an dem zeitgleich Geld und Hund ausgetauscht werden.
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