Potsdam-Mittelmark: Wenig Personal, viel Stress
Pflegekräfte in der Region Teltow sind rar / Diskussion mit Staatssekretär im Gesundheitszentrum
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Teltow - In der Region Teltow mangelt es an Pflegekräften. Sowohl in der häuslichen als auch in der Heimpflege sind die Zustände erdrückend, klagte Edith Lowack, Leiterin des Awo-Ortsvereins Kleinmachnow, am Donnerstagabend auf einer Podiumsdiskussion im Teltower Gesundheitszentrum. Gemeinsam mit Gesundheitsstaatssekretär Klaus-Theo Schröder hatte Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) zur Gesundheits-Debatte eingeladen. Ein Schwerpunkt: die Pflegeproblematik vor Ort.
„Wir haben in der Region kaum Nachwuchs“, sagte Edith Lowack. Auch auf dem freien Markt sei kaum Fachpersonal zu finden. Denen die arbeiten, fehle die Zeit, um sich ausreichend um ihre Patienten zu kümmern. Das System der Abrechnung der Pflegedienste sei zu straff, die Belastungen zu hoch. „Der Beruf ist unattraktiv geworden“, so Lowack. Um dem Problem zumindest im Bereich der häuslichen Pflege zu begegnen, bietet Lowacks Awo-Ortsverein nun den Pflegekräften ihre Hilfe an. Ehrenamtliche packen mit an, wo zwei Hände allein zu schwach sind. Sie begleiten die Pfleger auf ihren Hausbesuchen. Doch das Problem ist damit nicht gelöst. „Die Pfleger sind demotiviert“, sagte Lowack.
Kritik kommt auch von denen, die sich eigentlich um den Nachwuchs in der Pflegebranche kümmern – der nun aber fehlt: „Die Pfleger sind einem enormen Stress ausgesetzt“, sagte Andrea Scharrenbroich. Sie ist die Leiterin der Teltower Bildungseinrichtung „Lernen im Zentrum“ und zuständig für Fortbildungen zum Altenpflegehelfer.
Der Mangel an Fachkräften in der Region sei „dramatisch“, so Scharrenbroich – nicht nur in der häuslichen Pflege, auch in den Heimen. Ein Blick in den Stellenmarkt der Zeitung reiche aus, um sich eine Vorstellung von der Not zu machen. „Die Heime können die vorgegebene Fachkräftequote nicht mehr halten“, sagt sie. Vielerorts sei mehr als die Hälfte des angestellten Personals nicht genügend ausgebildet oder hat zu wenig Praxiserfahrung. „Es ist einfach niemand mehr auf dem Markt.“
Was die Lage in den Städten und Gemeinden der neuen Bundesländern verschlechtert, ist die Bezahlung des Personals: Während der Mindestlohn im Westen bei 8,50 Euro stündlich liege, betrage er beispielsweise in Teltower Heimen lediglich 7,50 Euro. „Die Heime können nicht mehr zahlen“, sagt Scharrenbroich. Die Verträge mit den Pflegekassen böten keinen Spielraum für zusätzlichen Lohn. Die Folge: Die ausgebildeten Kräfte wandern ab. „Wir gehen sehenden Auges einer Katastrophe entgegen“, warnte sie.
Die will man im Bundesgesundheitsministerium vermeiden. Auch hier ist das Problem angekommen: „Wir brauchen mehr Pflegekräfte“, sagte Gesundheitsstaatssekretär Schröder. Man wolle die Attraktivität der Pflegeberufe wieder steigern, Aufstiegschancen und damit auch eine bessere Bezahlung bieten.
Für Andrea Scharrenbroich sind solche Ansätze zwar wichtig, aber kommen zu spät: „Das Personal wird jetzt gebraucht“, sagte sie. Doch die angestrebten Reformen könnten frühestens in drei bis vier Jahren wirken. Tobias Reichelt
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