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Abgestrampelt. Wegen vieler kranker Kollegen müssen Postzusteller in Werder derzeit Extrarunden fahren. Dabei stecken sie versehentlich auch schon mal Briefe in den falschen Postkasten, wie in Kemnitz geschehen.

© dpa

Werder (Havel): Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

Werderaner bekommen ihre Post seit Tagen nur noch mit Verspätung, denn viele Boten sind krank.

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Auf den Bürgersteigen im beschaulichen Kemnitz herrscht reges Treiben. Viele Einwohner sind dieser Tage in wichtiger Mission unterwegs: Falsch zugestellte Briefe an ihre rechtmäßigen Empfänger zu übergeben.

„Beim Seniorentreff am Montag gab es kaum noch ein anderes Thema“, sagt der Kemnitzer Ortsvorsteher Joachim Thiele. Post werde in dem Werderaner Ortsteil schon seit ein paar Tagen nur noch eher zufällig verteilt – jeder erhalte da mal ein Briefchen für den Nachbarn. „Wenigstens stammen die falsch zugestellten Briefe alle aus Kemnitz“, sagt Thiele. Bisher musste keiner aus dem Dorf mit der falsch zugestellten Post in die Nachbarorte fahren. Für viele Kemnitzer sei das Falsche-Post-Phänomen ganz nebenbei aber auch eine Gelegenheit, mal wieder ein Pläuschchen mit den Mitmenschen zu halten, sagt Thiele.

Schuld an der ganzen Zustellmisere sind zu viele kranke Zusteller der Deutschen Post und des Paketdienstleisters DHL in Werder. „Wir haben momentan mehrere Erkrankte, daher konnten einzelne Straßenzüge zum Teil nicht jeden Tag angefahren werden“, sagt Tina Birke, Pressesprecherin der Deutschen Post. Da es sich bei den Angestellten um sogenannte Verbundzusteller handelt, blieben neben Briefen auch einige Pakete im Zustellzentrum liegen. Straßenzüge, die an einem Tag nicht beliefert werden konnten, hätten dafür am nächsten Tag ihre Post früher als üblich erhalten, sagt Birke. „Unsere Zusteller haben ja alle eingespielte Routen. Sollte eine davon nicht gefahren werden können, fährt ein anderer Zusteller dann am nächsten Tag vor seiner eigentlichen Route noch in anderen Straßenzügen Briefe und Pakete aus.“ Dass es dabei wie in Kemnitz zur falschen Zustellung von Postsendungen gekommen ist, könne da schon einmal vorkommen. „Schließlich kennen sich die Zusteller in diesen Gebieten nicht so gut aus wie auf ihrer angestammten Routen.“

Im Zustellstützpunkt Werder arbeiten derzeit 29 Mitarbeiter. Wie viele davon erkrankt sind, wollte die Pressesprecherin aus Gründen des Datenschutzes nicht sagen. Insgesamt sei es seit einer Woche an drei Tagen vorgekommen, dass einzelne Straßenzüge keine Post erhielten.

Seit einer Woche? Ein Phöbener Anwohner berichtete den PNN, dass die Post schon seit Ende Januar nur noch unregelmäßig in seinem Briefkasten lande – seitdem sei auch die in seinem Ort zuständige Postzustellerin erkrankt. „Es ist nicht verständlich, warum Phöben an mehreren Tagen komplett von der Postzustellung abgeschnitten war“, klagt der Phöbener. Aus Sorge um das Verhältnis zu seiner Postbotin will er seinen Namen in der Zeitung aber nicht genannt haben. Er habe sich am Samstag bereits an das Service-Center der Post im Internet gewannt, bisher jedoch keine Rückmeldung erhalten.

Auf die Anfrage der PNN hin versicherte Post-Sprecherin Tina Birke, dass ab dem heutigen Mittwoch genügend zusätzliches Personal eingesetzt werden soll und wieder eine reguläre Zustellung stattfinde. Zugleich verwies sie darauf, dass das Problem derzeit auf Werder begrenzt sei. In keinem anderen Stützpunkt gebe es derartige Probleme. „Bei den Erkrankungen handelt es sich um nichts Ungewöhnliches, eine solche Situation hatten wir schon öfter.“ In jedem Unternehmen komme es gelegentlich dazu, dass durch Erkältungswellen mehrere Beschäftigte gleichzeitig ausfallen.

Die privaten Zusteller sind indes nicht so auskunftsfreudig wie die Deutsche Post. Eine Sprecherin der Briefboten GmbH erklärte, dass es auch bei ihrem Unternehmen Krankheitsvertretungen gebe. „Die Briefe kommen auf jeden Fall beim Empfänger an. Wie schnell aber ein Ersatz organisiert werden kann, muss im Einzelfall abgeklärt werden.“ Vom privaten Zustelldienst Debex, der im ganzen Osten der Republik aktiv ist, wollte sich niemand gegenüber den PNN zur Absicherung der Briefzustellung im Krankheitsfall äußern.

Obwohl die Kommunikation sich in den vergangenen Jahren immer weiter auf das Internet verlagert hat, werden in Deutschland täglich noch 70 Millionen Briefe verschickt. Nach Angaben der Deutschen Post erreichen 95 Prozent davon bereits am nächsten Tag ihr Ziel.

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