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Potsdam-Mittelmark: Wenn die kleine Lena weint

Fachtagung zum Sozialdatenschutz in Götz

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Potsdam-Mittelmark - Eine Tagesmutter betreut die zweijährige Lena, das Kind ist apathisch, kontaktscheu, weint viel. Lenas Mutter, Frau M., reagiert beim Abholen ungeduldig, lieblos und hart auf die Kleine. Schließlich erfährt die Tagesmutter, dass sich Frau M. in einer Ehekrise befindet, vom Mann geschlagen wird, die Tochter als belastend und anstrengend empfindet. Frau M. vertraut sich der Tagesmutter an, möchte aber auf keinen Fall, dass sie die Sache weiterträgt. Was ist zu tun?

Die authentische Situation war gestern Thema einer Fachtagung in Götz: Über 70 Fachleute, Pädagogen, Mediziner und Sozialarbeiter diskutierten unter dem Motto „Frühe Hilfen und Sozialdatenschutz“. Denn für die Tagesmutter ist der Fall nicht einfach: Das Recht auf „Informationelle Selbstbestimmung“ ist ein deutsches Grundrecht, persönliche Daten dürfen selbst unter Behörden nur in „akut schwerwiegenden Fällen“ weitergegeben werden, wie Bodo Rudolph vom Belziger Jugendamt auf einer Pressekonferenz am Rande der Tagung erläuterte.

Dabei gäbe es für Frau M. viele Anlaufpunkte im Landkreis. Nachdem vor vier Jahren in Brieskow-Finkenheerd neun Babyleichen gefunden wurden, hatte eine politische Diskussion zur Vermeidung solcher und ähnlicher Fälle eingesetzt. Seit Oktober 2006 ist der Staat gesetzlich verpflichtet zu intervenieren, wenn Eltern das körperliche, geistige oder seelische Wohl ihrer Kinder aufs Spiel setzen. Der Landkreis antwortete mit dem Aufbau eines „Netzwerks Frühe Hilfen“.

Ein Bestandteil sind Eltern-Kind-Zentren für alle jungen Eltern, die mittlerweile in Werder, Beelitz, Teltow und Brück bestehen. Weitere sollen in Seddiner See und Lehnin folgen. Es sei ein „breiter Ansatz“, so Rudolph – Vermischung und Austausch verschiedener Milieus sei erwünscht. Mit den Kitas wurden Verträge geschlossen, um den „kurzen Draht“ zum Jugendamt sicherzustellen. Und doch dürfen Pädagogen, Ärzte und Sozialarbeiter erst aktiv werden, wenn die Eltern der Datenweitergabe zustimmen – oder wenn bereits Gefahr im Verzug ist.

Auf der Tagung wurde erläutert, ab wann man reden darf – aber auch wie man weiterkommt, ohne Namen zu nennen. „Mann kann sich zum Beispiel anonym austauschen, was einem Sorgen bereitet“, sagte Rudolph. Gespräche mit Fachleuten könnten bei den richtigen Schritten auch für Frau M. und Lena weiterhelfen, ohne dass Namen fallen. Auf Landesebene besteht die „Fachstelle Kinderschutz“ als Ansprechpartner. Im Kreis soll dieses Jahr ein Kinderschutzbeauftragter hinzukommen. Das Thema bleibt aktuell, auch wenn die Sensibilität seit Brieskow-Finkenheerd gestiegen sei, sagt Rudolph: Die Fallzahlen von Kindeswohlgefährdungen hätten sich im Landkreis nicht verringert. Henry Klix

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