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Schilf und Seerosen. Heinz Schmal neben einem Birkenbild, dass de-Gral nach der Begegnung mit Hagemeister malte.

© Manfred Thomas

Von Gerold Paul: Wer kennt Hannah Schreiber-de Grahl ?

Heimatforscher Heinz Schmal hat Havelländische Malerin und viele ihrer Bilder wiederentdeckt

Stand:

Schwielowsee - Es ist wohl nicht zuerst die Spur der Kunst, die man derzeit in Ferchs Kossätenhaus verfolgt, eher eine Spur des Lebens. Im Rahmen der Vorbereitung zur derzeitigen Ausstellung „Malerinnen in der Mark“ stieß der Förderverein Havelländische Malerkolonie auf Namen, denen sich kaum weitere Informationen zuordnen ließen. Einer davon war Hannah Schreiber-de Grahl. Der „Forschungsbeauftragte“ des Vereins, Heinz Schmal, begab sich auf Spurensuche.

Die ersten Schritte führten nicht weit, denn die beiden „Birkenbilder“ der ziemlich unbekannten Künstlerin waren Leihgaben des Potsdam-Museums. Viel wusste man da auch nicht, obwohl sie bis 1919 in Geltow, dann in Potsdam lebte. Die ganze Sache weitete sich allmählich zum „Großauftrag“ aus, welcher den rührigen Heimatforscher bis an die Nordsee und ins tiefste Westfalen führte.

Wie das im Leben so ist, hat man erst mal eine Spur, dann werden es zwei, vier, acht ... Nach dem jetzigen Stand lernte er eine Enkelin, einen Urenkel, drei Großnichten, zwei Großneffen und einen Urgroßneffen von ihr kennen. Einige hatten sogar noch Bilder der Malerin im Besitz, mal an den Wänden, mal auf dem Dachboden. Die ganze Sucherei lohnte sich in mehrfacher Hinsicht. Einerseits konnte Heinz Schmal inzwischen mehr als fünfzig Gemälde dingfest machen. Andererseits spielte er auch die Rolle eines V-Mannes, er machte durch Hannah Schreiber-de Grahl nämlich Familien miteinander bekannt, die bisher gar nichts voneinander wussten. „Ahnenforschung“ lohnt sich also noch immer. So ließ sich nicht nur herausfinden, wo überall Abkömmlinge der Familien Schreiber, de Grahl und Runze wohnen, sondern auch dies: Einer ihrer Vorfahren war Leibarzt des Ersten Napoleon, bitte sehr. Ziel und Zweck dieser aufwendigen aber dankenswerten Arbeit ist der Versuch, in zwei Jahren eine Personalausstellung zu organisieren. Mit Familien-Zusammenführung, klar. Bis dahin gibt es viel zu tun.

Was weiß man denn von dieser Frau, die erst ein Kulturland-Thema aus der Versenkung holte: Geboren 1864 in Wulfsdorf (heute Ahrensburg) bei Hamburg, nach 1884 Ehe mit Wilhelm Ludwig Schreiber, den Spezialisten für mittelalterliche Stiche und Drucke. Erste Ausstellung 1907 in Potsdam. Während der Inflation musste sie die Familie durch den Verkauf ihrer Bilder über Wasser halten, Hunderte sollen es gewesen sein. Gestorben ist sie 1930 im westfälischen Neubeckum. Nicht schlecht für nur ein Jahr Recherche, das virtuelle Bildarchiv mit inbegriffen. Zu wenig für 2012, vielleicht sogar in Potsdam, denn das Kossätenhaus ist für so einen Fund schon zu klein.

Eine Biographie will bis dahin gefunden, ein Werkverzeichnis erstellt worden sein, jeder Hinweis ist da höchst willkommen. Und diese beiden „Birkenbilder“ da an der Wand? Sie zeigen, wie die Künstlerin vor und nach ihrer Begegnung mit Karl Hagemeister gearbeitet hat. Viel hat sie an seiner Seite hier am Schwielowsee gemalt, „Caputh mit Schleppdampfer“ etwa. Ihr anderer Lehrer heißt Lovis Corinth, auch recht bekannt. Er konterfeite seine attraktive Schülerin recht hübsch, so haben Nachgeborene wenigstens auch mal ein Bild von ihr. Sie malte Birken, Landschaften, Industriemotive, porträtierte wenig. Wo sind diese Bilder?

Vor dem Verein liegt ein riesiges Forschungsfeld allein für ihre Person. Sie soll ja den Rang einer „Havelländischen Malerin“ zurückbekommen, den Potsdamer Zeitungen ihr posthume nachriefen. Freilich ist sie nicht die Einzige. Auf dem Wunsch- und Arbeitszettel von Heinz Schmal stehen weiterere Namen. Sie alle begehren Eintritt dort, wo sie schon einmal waren, in dieser merkwürdigen Maler-Kolonie zu Ferch. Es stirbt eben keiner so ganz. Glückwunsch jedenfalls zu dieser Entdeckung.

Gerold Paul

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