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Von Henry Klix: „Wer mit uns singt “

Aschermittwoch haben einstige KCW-Leute ihren eigenen Verein gegründet

Stand:

Werder (Havel) - Von wegen „Werder singt und lacht beim Wein“ – der Karneval in der Blütenstadt ist eine bierernste Angelegenheit, auch der diesjährige KCW-Slogan kann darüber nicht hinwegtäuschen. Dass vom Zube’schen Büttenmarsch in diesem Jahr aus rechtlichen Gründen nur ein paar Takte gespielt werden durften, im Oktober eine neue Sängergruppe aufgestellt werden musste und der Platz des Vizepräsidenten Bernd Zube leer ist, hinterlässt nach der Saison 2010 einen besonders hartnäckigen Kater. Werders Karnevalsclub ist nicht mehr der Alte, seitdem der Zube-Clan geschlossen ausgetreten ist.

Reiner Zube, Mathias Zube mit seiner Mandy Cikorski, Christian und Bernd Zube haben den KCW geprägt, der unvergessene Hartmut Zube den Rosenmontagsbällen mit seinen Schlagern seit den 60er Jahren eine unverwechselbare Note verliehen. „Heut machen wir mal einen drauf“ oder „Jetzt zieh’ ich mir mein Cognjäckchen an“, all die Ohrwürmer sind verloren, alle Rechte an den Karnevalssongs liegen bei den Zubes.

Und die haben – am Aschermittwochsabend – mit den „Freunden des Frohsinns“ ihren eigenen Verein, eine Gesangsgruppe, gegründet. Viele der Sänger des KCW sind übergelaufen, mit weiteren Gesangesfreunden kommen die „Frohsinnigen“ auf 14 Leute. Wie ist es zu dem närrischen Eklat gekommen ist? Keiner der Beteiligten singt. Aus der dritten Reihe erfährt man, dass es um den Erwerb eines neuen Keyboards für den KCW gegangen sein soll. Nachdem es – offenbar wegen zusätzlicher Kopfhörer – etwas teurer wurde, war das karnevalistische Band zerschnitten. So schnell kann es gehen.

Allein der zur Gründungsversammlung der „Freunde des Frohsinns“ angestimmte Gassenhauer des alten Zube muss in den Ohren des KCW wie eine Provokation klingen: „Jetzt fang’n wir an, jetzt geh’n wir ran, wir sind gerad’ so gut in Schwung“. Der Karneval, das muss man wissen, beginnt in Werder nicht erst, wenn das Prinzenpaar den Rathausschlüssel übernimmt. Und er ist am Mittwoch nicht zu Ende gewesen: Traditionell ist der KCW auch eine feste Größe beim Baumblütenfest. So hat sich der Karnevalsclub auch immer der Pflege des Werderschen Liedguts verpflichtet gefühlt.

Nicht erst seit den 1920ern, als Lotte Werkmeisters „Wenn in Werder die Kirschen blüh’n“ zum Hit wurde, war die Blütenstadt ein Thema für den Schlager. Ob Willi Kollo, Heinz Jaksch oder Fred Raymond – wer etwas auf sich hielt, der reimte auch mal was auf „Werder an der Havel“. Und wenn beim Blütenball auf die „Viva Colonia“-Melodie „Werder im Havelland“ angestimmt wird, kann jeder Ureinwohner, der etwas auf sich hält, den Text bis zur letzten Zeile mitsingen.

Die musikalische Traditionspflege haben sich nun die „Freunde des Frohsinns“ auf ihre grünweißrote Fahne geschrieben. Und sie haben mit Achim Prütz als neuen künstlerischen Leiter einen Coup gelandet: Prütz gilt als „Barde von Werder“, bringt zu jedem Blütenfest einen neuen Hit heraus. Keyboard spielen kann er auch. In diesem Jahr lautet der Blütenfesttitel „In Werder geht’s weiter“, ein Bezug zur Bürgermeisterwahl oder den Querelen um das Festkonzept ist erlaubt. Hinter Prützens Songs versteckt sich – wie in vielen der volkstümlichen Werder-Schlager – immer ein aktueller Hintergrund.

Der frischgebackene Vereinschef Christian Zube kann sich durchaus vorstellen, mit seinen „Freunden des Frohsinns“ auch wieder bei Feierlichkeiten des KCW aufzutreten. Doch KCW-Präsident Reiner Bluck grätscht: „Das halte ich im Augenblick für undenkbar.“ Die Ausgründung sei „ein Schlag ins Gesicht“, das Programm nur durch harte Anstrengungen knapp gerettet worden. Erst jetzt ist es Bluck gelungen, einen Termin zu vereinbaren, um mit den Zubes über die Nutzungsrechte der alten Hits zu verhandeln. Viel zu spät: Zubes Büttenmarsch musste KCW-Mann Ingo Fenger umschreiben. Acht Takte wären laut Urheberrecht erlaubt, Fenger hat drei verwendet. Bluck: „Wenn es gewollt ist, dass so das Andenken von Hartmut Zube gewahrt wird ...“

Zum Werder-Tag beim Blütenfest werden KCW und „Freunde des Frohsinns“ auf derselben Bühne stehen. Nach ein paar Gläschen Obstwein sollten die Misstöne verhallt sein. Denn wie heißt es im alten Zube-Song: „Wer mit uns singt, wer mit uns trinkt, der bleibt für immer jung.“

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