Potsdam-Mittelmark: Werbeträger mit heikler Mission
Bürgermeister Enser kämpft um stabile Mehrheiten – bei Fehlschlag Rücktritt möglich
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Bürgermeister Enser kämpft um stabile Mehrheiten – bei Fehlschlag Rücktritt möglich Von Peter Könnicke Stahnsdorf. Die Spitzenkandidatur von CDU-Bürgermeister Gerhard Enser für die Wahl des Gemeindeparlamentes hat die Stahnsdorfer SPD mit Unbill quittiert. Enser, so der SPD-Fraktions Manfred Kokel, scheine da etwas zu verwechseln: Nicht der amtierende Bürgermeister stehe zur Wahl, sondern die künftigen Volksvertreter. Doch glaubt man Enser, entscheidet sich mit dem Wahlausgang am 26. Oktober auch seine Zukunft als Bürgermeister. Stahnsdorf brauche in den kommenden Jahren eine verlässliche Politik, eine klare Richtung und Entscheidungen von Kontinuität. Strategische Spielchen, taktische Zwänge und Wetterfähnchen, die sich mit dem Wind drehen, seien in Zeiten, auf denen sich nur aufs Wesentliche konzentriert werden kann, fehl am Platz. Und auf wen könnte er sich da besser verlassen als auf seine eigenen Parteifreunde. Die Stahnsdorfer CDU hat vor drei Jahren in ihrem Parteimitglied Enser den besten Mann für den Bürgermeister–Posten gesehen: „Er wird mit den Gemeindevertretern an einem Strang ziehen und hat die Mehrheit hinter sich.“ Bestätigt fühlten sich die Christdemokraten ausgerechnet durch die örtliche SPD, die Ensers Bürgermeister-Kandidatur unterstützte. In Ensers viertem Amtsjahr sieht CDU-Ortschef Peter Weiß seinen Parteifreund noch immer als den besten Mann auf dem Chefsessel, die SPD als stärkste Fraktion hat sich mit dem Bürgermeister entzweit und ist auf kritische Distanz gerückt. „Um Mehrheiten“, so gibt Enser umunwunden zu, „musste in der Vergangenheit im Gemeindeparlament schwer gerungen werden.“ Das soll sich mit der neuen Gemeindevertretung ändern, weshalb „ich für ein starkes Team werbe“, begründet Enser seine Kandidatur. Seit gestern ist er als Werbeträger der CDU auf deren Wahlplakaten im Ort präsent. Dabei kann die CDU nur hoffen, dass die Reklame eine breite Zielgruppe und Zuspruch findet. Denn wenn nach der Auszählung der Stimmen am Abend des 26. Oktober für Enser erkennbar wird, dass es für seine Rathauspolitik und die Ziele der CDU keine stabilen Mehrheiten und ein deutliches Mandat gibt, „werde ich persönliche Konsequenzen ziehen“, kündigt Enser an. Im Klartext: Enser werde zurücktreten. Er sei gern Bürgermeister, versicherte er gestern gegenüber den PNN, er sei auch keinesfalls amtsmüde. Aber er mache den Job „nicht um jeden Preis“. Wenn seine „erfolgreiche Arbeit“ fortgesetzt werden soll, „muss man CDU wählen“, kombiniert Enser. Das sei keine Erpressung, sondern eine „Kernaussage“, der sich der Wähler bei seinem Urnengang bewusst sein müsste. „Ich bin kein Stimmenfänger, ich meine es ernst“, unterstrich Enser seine Rücktrittsabsicht, wenn der Wahlausgang für seine Politik mehr Konfrontation als Zusammenarbeit erkennen lässt. Für die künftigen Stahnsdorfer Aufgaben und Herausforderungen, die von der „chaotischen“ Finanzlage von Bund, Land und Kreis dirigiert werde, bedürfe es einer klaren Linie. „Ich werde mich nicht in wechselnden Richtungen durchs Dorf treiben lassen“, erklärte Enser. Auch wolle er sich nicht an „politischen Schaukämpfen“ ermüden. In den bisherigen Wahlaussagen der konkurrierenden Parteien und Bündnisse habe er erkannt, dass er ohne einen erheblichen Stimmenzuwachs für die CDU einen ständigen Kampf um Mehrheiten zu führen hätte. Mit ihren Vorstellungen werde die SPD weiter in Opposition zur Rathauspolitik stehen, zu der sich Enser berufen fühlt – „Ich bin nicht nur ein Verwaltungschef!“ Allein das regionale 10-Punkte-Programm der SPD offenbare ein hohes Maß an unterschiedlichen Positionen. So will die SPD den Stahnsdorfer Damm von Dreilinden nach Wannsee geschlossen halten, Enser plädiert für eine Öffnung. Er sieht die Zukunft der Region in einem Mittelzentrum, die SPD betont die Eigenständigkeit der Kommunen als hohes Gut. Die SPD knüpft die Nordumfahrung Güterfelde an Bedingungen, Enser ist für ihren unverzüglichen Bau, weil davon die Vermarktung des Gewerbegebietes abhängig sei, welches wiederum über Stahnsdorf Wohl und Wehe entscheidet. Auch in der PDS sieht die CDU keinen verlässlichen Partner. Die Aussage ihres Spitzenkandidaten Harald Mushack, die Partnersuche von der jeweiligen Sache abhängig zu machen, ist für die Christdemokraten keine Basis. Gleiches gelte für die „Bürger für Bürger“, die bislang keine „richtungsweisende und bedeutungsschwere Politik“ gemacht hätten. Die wesentlichen Ansichten der Grünen „sind unseren Interessen entgegengesetzt“, erkennt Enser in dem Plädoyer des bündnisgrünen Spitzenkandidaten Gunnar Schilling für Windkraftanlagen in der Region. Bleibt neben der FDP, die sich in diesen Tagen als Partner für die CDU erklärt hat, die Wählergruppe von „Wir Vier“. Diese versteht sich als Vertreter der Ortsteile, Enser lobt einen „fairen Umgang“ in der Vergangenheit und sieht durchaus Gemeinsamkeiten. „Das macht Hoffnung.“ Das Hoffen auf Wählerstimmen aus Güterfelde, Sputendorf und Schenkenhorst schmückt Enser mit einem Angebot: Durch die Eingliederung der drei Ortsteile hat sich die Zahl der Wahlberechtigten gegenüber den Bürgermeisterwahl im Juni 2000 um ein Drittel erhöht. „Diese substanzielle Veränderung ist Grund, den Hinzugekommenen mit ihrer Stimme Gehör zu geben“, nennt er ein weiteres Argument für seine Spitzenkandidatur – wohlwissend, dass keine Bürgermeister-Wahl ist, ihm aber jede Stimme hilft, im Amt zu bleiben.
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