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Glück gehabt: Datschen wie hier in der Kolonie Zern fallen nicht unter die Steuerpflicht.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Werder besteuert zweiten Wohnsitz

Stadtverordnete beschließen Zweitwohnungssteuersatzung / Datschen fallen raus – gegen den Willen des Bürgermeisters

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Werder (Havel) - Werder bekommt eine Zweitwohnungssteuer. Wer zum Beispiel eine 60 Quadratmeter große Ferienwohnung am Wasser besitzt, muss in diesem Jahr erstmals 480 Euro dafür berappen. Eine entsprechende Satzung haben die Stadtverordneten am Donnerstagabend einstimmig verabschiedet. Je nachdem, ob die Wohnung außerhalb, im Ort, in Wassernähe oder direkt am Wasser liegt, werden 4,50 bis 8 Euro pro Quadratmeter und Jahr fällig.

Von der ursprünglichen Idee, auch Wochenendhäuser zu besteuern, hat sich das Stadtparlament mit 14 zu 5 Stimmen verabschiedet. Bungalows und Datschen, die nicht das ganze Jahr bewohnt werden können, werden somit auch nicht steuerpflichtig. Selten in Werder: Die Mehrheit wandte sich damit gegen Bürgermeister Werner Große (CDU). Der hatte damit argumentiert, dass Zweitwohnungen Luxus, die Abgabe somit eine Luxussteuer sei, die auch Datschenbewohner zahlen könnten.

„Wer an sein Auto einen Wohnwagen hängt, der muss dafür auch extra Steuern zahlen“, so der Bürgermeister. Angesichts des auslaufenden Solidarpaktes müsse sich die Stadt umschauen, wie sie ihre Einnahmen verbessern kann. „Schon seit einiger Zeit werden die Mittel zurückgefahren. Dass wir das noch nicht so merken, liegt nur an der guten konjunkturellen Lage.“ Große betonte, dass die Stadt Werder bei der Grundsteuer deutlich unter dem Landesdurchschnitt liege: Man verzichte damit auf jährlich 180 000 Euro. „Wenn wir die Grundsteuer erhöhen würden, hätte das aber unmittelbare Auswirkungen auf die Wohnkosten, da sollten wir so lange wie möglich unten bleiben.“ Währenddessen könnten aus seiner Sicht auch Datschenbesitzer eine Zweitwohnungssteuer entrichten.

SPD-Fraktionschefin Anja Spiegel war mit dem Bürgermeister einer Meinung: „Viele der Datschen werden von April bis Oktober genutzt. Die städtische Infrastruktur wird kostenlos mitgenommen.“ Finanzausschussvorsitzender Christian Große (CDU) betonte dagegen, dass die ursprüngliche Intention für die Steuer eine andere gewesen sei: „Wir wollten, dass sich die Leute hauptwohnsitzlich in Werder anmelden.“ Nur für Hauptwohnsitzler gibt es Schlüsselzuweisung vom Land. Die Besteuerung von Datschen sei dafür „nicht der Weisheit letzter Schluss“, so Christian Große. Mit dieser Meinung steht er nicht allein: Auch Gemeinden wie Teltow und Kleinmachnow kassieren Zweitwohnungssteuer – und lassen Datschenbesitzer außen vor.

Werders Rathaus geht nach jüngster Rechnung davon aus, dass es neben den 23000 hauptwohnsitzlich gemeldeten Einwohnern 1500 gibt, die in Werder ihren Zweitwohnsitz haben. Nur ein Teil davon werde nach der geänderten Regelung steuerpflichtig, wie es gestern aus dem Bürgermeisterbüro hieß. Die genaue Zahl müsse noch ermittelt werden. Die meisten Datschen im Stadtgebiet gibt es offenbar in der Kolonie Zern.

Steuerpflichtige müssen sich jetzt bei der Stadt melden, Säumigen droht eine Geldbuße von bis zu 5000 Euro. Einig waren sich die Stadtverordneten, dass Auszubildende, die ihren Hauptwohnsitz am Ausbildungsort haben und noch bei den Eltern gemeldet sind, nicht darunter fallen. Auch Pflegeheime, Gemeinschaftsunterkünfte von Soldaten, Bundesfreiwilligendienstlern oder Polizisten sowie Therapiestandorte und „Erwerbszweitwohnungen“ fallen raus. Die Ausnahmen sind wegen der sich ständig ändernden Rechtssprechung nicht in der Satzung, sondern in einem Rathauspapier geregelt.

Auf entsprechende Anfragen von Stadtverordneten wies die Stadtverwaltung noch darauf hin, dass es verfassungswidrig wäre, nur Nicht-Werderaner zu besteuern. Auch die Besteuerung von Kleingartenanlagen wäre ungesetzlich.

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