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Potsdam-Mittelmark: Werder feiert zurecht

Historische Urkunden belegen das 690. Jubiläum der Blütenstadt / Vortrag von Archivar Gebhard Falk beim Heimatverein

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Werder - 690 Jahre Werder (Havel): Einen bemerkenswerten Vortrag, wie sich deutsche Geschichte in alten Urkunden widerspiegelt, hielt kürzlich der verdiente Potsdamer Archivar Gebhard Falk vor vollem Hause. Eingeladen hatte der Heimatverein Werder im Rahmen seiner Werderaner Gespräche in das „Hotel zur Insel“. Der mittlerweile 78-jährige, der zuletzt im Brandenburgischen Landeshauptarchiv arbeitete, legte den Versammelten ein akribisch recherchiertes Ergebnis seiner langjährigen Forschungsarbeit mit brandenburgischen Urkunden, hier zur Werderaner Geschichte, vor.

„Wenn Sie wüssten, wie viele Ortsjubiläen es hätte eigentlich gar nicht geben dürfen“, meinte er augenzwinkernd am Beginn seines Vortrags. Anhand der Kopie einer Urkunde aus dem Jahre 1317 gab Falk dann eine spannende Schilderung der gesellschaftlichen Umstände, die zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung Werders existierten. Die Geschichte beginnt bei Albrecht dem Bären, Gründer der Mark Brandenburg (1157).

Dass die Askanier, deren Geschlecht die Markgrafen entstammen, nach „Ascharia“, zu deutsch: Aschersleben, benannt sind, ist kaum bekannt. Albrecht dem Bären folgte nach dessen Tod sein Sohn Otto der Erste, Markgraf von Brandenburg. Die Wurzeln waren gelegt. Im Jahr 1180 gründete Otto in der Zauche mit Lehnin das erste märkische Kloster. Das Zisterzienser-Kloster wurde Hauskloster und Begräbnisstätte der Askanier und später auch der Hohenzollern.

Kloster Lehnin entwickelte sich schnell zu einer der wohlhabendsten Abteien und stärkte die Stellung der Askanier auch durch die missionierende Arbeit der Mönche unter den in der Zauche ansässigen slawischen Stämmen. Als das Kloster 1542 säkularisiert wurde, umfasste der Klosterbesitz unter anderem 39 Dörfer – und: mit Werder an der Havel eine Stadt.

Die erste urkundliche Erwähnung Werders stammt von 1317. Den Werderaner Heimatforschern bescheinigte Falk außer einer kleinen Unebenheit („das genannte Datum 7. Juli ist ein Irrtum, es war im April“), dass sie in diesem Jahr zu Recht das 690. Stadtjubiläum begehen. Man könne es ja wieder gut machen und das Baumblütenfest im Jahre 2017 zusammen mit dem 700. Jubiläum feiern, schlug der Archivar lächelnd vor.

Lehrreich auch sein Kommentar über die 244 Silbermark, von einigen Zeitgenossen vorschnell als „Spottpreis“ bezeichnet, zu denen die Stadt 1317 an das Kloster Lehnin verkauft wurde: „Das waren 114 Kilo reinen Silbers, und das war die Stadt wahrscheinlich damals auch wert.“ Ein Stadtarchiv gab“s im Mittelalter nicht, der Bürgermeister war lange ein Ehrenamtlicher, der seine Einkünfte aus verschiedensten Quellen bezog: „Die älteste Urkunde der Stadt war nicht bei der Stadt, sondern vielleicht hatte sie der Bürgermeister zu Hause bei sich.“

Falk spannte den Bogen bis in die Neuzeit. Manches Datum war dem Publikum bekannt, ein Verdienst auch des Archivars Falk, der seit Jahren den Werderanern, Petzowern, Plessowern, Glindowern und Kemnitzern hilfreich mit seinen Forschungen zur Seite steht. Oft hat er schon in den „Heimatgeschichtlichen Beiträgen“ publiziert und sich besonders den Ortsjubiläen gewidmet.

Nützlich für die Heimatforscher auch seine Tipps. Zunächst der Hinweis auf den „Klassiker“, den 1838 bis 1869 von Dr. Adolph Friedrich Riedel herausgegebenen 41-bändigen „Codex Diplomaticus Brandenburgensis“, eine Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellen über die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regesten (das ist die Zusammenfassung des rechtsrelevanten Inhalts einer mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Urkunde). Das neueste Werk zum Thema stammt aus der Feder des ehemaligen Direktors des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Friedrich Beck, die „Regesten der Urkunden Kurmärkische Stände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs“.

Viel Beifall gab es an diesem Abend für einen Mann, dessen Berufsstand vielfach immer noch fehlinterpretiert wird. In diesem Sinne dankte auch Klaus Froh, Geschäftsführer des Heimatvereins, dem Vortragenden: „Was für ein schöner, spannender Beruf!“

Karl-Heinz Friedrich

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