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Waldidyll in Resau. Das Vorwerk befindet sich in der Bliesendorfer Heide, wo jetzt nach geschützten Arten gesucht werden soll.

© hkx

Potsdam-Mittelmark: Werder sucht den Juchtenkäfer

Stadtverordnete beschließen Artenschutzuntersuchung für das Windeignungsgebiet Bliesendorfer Heide

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Werder (Havel) - Mopsfledermaus, Juchtenkäfer, Wachtelkönig oder Kammmolch – es sind Namen bedrohter Arten, die deutsche Großprojekte infrage stellen. Auch in Werder will man sich auf die Suche begeben. Von Naturschutzgutachtern soll die Bliesendorfer Heide nach gefährdeten Tierarten abgesucht werden, um einen über neun Quadratkilometer großen Windpark zu verhindern. Finanzieren will die Stadt die Untersuchung aus eigener Tasche. Ein entsprechender CDU-Antrag ist am Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung einstimmig verabschiedet worden.

Der Windpark bei Bliesendorf ist einer von insgesamt 24, denen die Regionalplanung Havelland-Fläming durch einen „Teilregionalplan Windenergie“ den Weg bereiten will. Ein öffentliches Beteiligungsverfahren dazu ist abgeschlossen. Der Widerstand, besonders aus Bliesendorf, ist heftig und die Stadtverordneten haben sich dem Protest bereits angeschlossen. Jetzt soll nach weiteren Möglichkeiten gesucht werden, um den Windpark zu verhindern. Auch über eine Petition der Stadtverordneten an Bund und Land und über einen Bebauungsplan für das Waldareal sollte, so ein Vorschlag von SPD-Fraktionschefin Anja Spiegel, nachgedacht werden. Die Linken fordern ein Energiekonzept mit Alternativen für den Mega-Windpark.

CDU-Fraktionschef Hermann Bobka kritisierte, dass naturschutzrechtliche Belange im Regionalplan nicht abgeklärt worden seien, vorhandene Biotope außer Acht gelassen wurden. „Es kann nicht sein, dass eine Windfarm Werders größtes Naherholungsgebiet zerstört.“ Aus Bobkas Sicht hat der Landkreis seinen Beitrag zu den erneuerbaren Energien bereits hinlänglich geleistet: Schon jetzt würden über 70 Prozent des verbrauchten Stroms aus regenerativen Quellen kommen. „Noch mehr Windräder sind zu viel“, meint Bobka.

Bliesendorfs Ortsvorsteherin Annette Gottschalk nannte es bedenklich, dass „geschützte Arten einen Windpark vielleicht verhindern könnten, der Mensch aber nicht schutzwürdig ist“. „Aufgrund der Energiewende sind Waldflächen jetzt plötzlich nicht mehr ökologisch wertvoll“, wundert sie sich. Mehrere Stadtverordnete kritisierten, dass die kommunale Planungshoheit bei einem so eklatanten städtebaulichen Eingriff durch Bundes- und Landesgesetze ausgehebelt werde.

Eines der CDU-Argumente am Donnerstag: Im Landkreis seien bereits vier Prozent der Fläche mit Windparks zugepflastert, laut Energiestrategie des Landes seien aber nur zwei Prozent der Landesfläche für diese Energieform eingeplant. Der Geschäftsführer der Regionalplanung Harald Knauer wies gestern auf PNN-Anfrage diese Zahlen zurück: Potsdam-Mittelmark sei 2575 Quadratkilometer groß, davon würden derzeit 21 Quadratkilometer von Windfarmen in Anspruch genommen. Wird der Teilregionalplan umgesetzt, seien es 76 Quadratkilometer. „Damit wären wir bei drei Prozent, wobei man sehen muss, dass neben Teltow-Fläming und dem Havelland auch noch Brandenburg (Havel) und Potsdam zur Planungsregion gehören.“ In den großen Städten sei kein Platz für Windenergieanlagen.

Knauer räumte ein, dass für den Teilregionalplan keine Artenschutzuntersuchung stattgefunden habe. Dafür habe es vier Scoopingtermine mit Umweltbehörden und Naturschutzverbänden gegeben, die sich zum Thema Naturschutz auch schriftlich geäußert hätten. Für den Kiefernwald der Bliesendorfer Heide habe sich daraus kein besonderes Konfliktpotenzial ergeben. „Es gibt da deutlich konfliktreichere Windeignungsgebiete“, sagte Knauer.

Im Regionalplan sei für den Bliesendorfer Windpark die Nachbarschaft zu den europäischen Naturschutzgebieten Kolpinsee und Mückenfenn vermerkt, auch ein 500 Meter entfernter Kranichhorst und ein 1000 Meter entfernter Weißstorchhorst. Die Waldfunktion werde nicht beeinträchtigt. Sollten jetzt tatsächlich noch Nistquartiere von Fledermäusen gefunden werden, müsste darauf, so Knauer, bei der Planung „Rücksicht genommen“ werden.

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