Potsdam-Mittelmark: Wie die Zimmer eines Hauses
Der Fürstenwalder Gedächtnistrainer Jens Voigt will in Werder eine Seniorenakademie aufbauen
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Werder (Havel) / Fürstenwalde - Jens Voigt hatte mal einen Schüler, einen Schwänzer und Sitzenbleiber, den die Kollegen fast aufgegeben hatten. Der Sport- und Geolehrer, der sich nebenher mit Lerntechniken befasst, konnte ihn überzeugen, an einem Talentwettbewerb teilzunehmen: Der Schüler trainierte mit einer speziellen Technik die Zahl Pi – bis zur hundertsten Kommastelle. „Wir hatten die Zahl danach auf eine Tapetenrolle geschrieben, die durch die ganze Turnhalle reichte.“ Der Schüler hatte sie im Rücken, zum allgemeinen Erstaunen nannte er flüssig alle hundert Stellen nach dem Komma.
Voigt beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Gedächtnistechniken, gehörte bis zu deren Tod im vergangenen Jahr zum engsten Wirkungskreis der bekannten Lerntrainerin Vera Birkenbihl. „Ich hatte mir Gedanken gemacht, warum die Schüler gern in meinen Unterricht kommen und trotzdem nichts hängen bleibt“, so Voigt. Er las sich in das Thema ein, besorgte sich Videokurse, nahm an Seminaren teil, wo er Birkenbihl kennenlernte. Sie lud ihn in ihre Pilotgruppe ein, ein zehnköpfiges Team aus Multiplikatoren ihrer Ideen.
Nach den Erfolgen seiner Lern-AGs, deren Mitglieder zu den Klassenbesten wurden, hat Jens Voigt eine Lernwerkstatt gegründet, mit der der Fürstenwalder auch in Werder aktiv werden möchte. Die Zielgruppe hat sich längst erweitert: Neben Schülern trainiert er Studenten und Senioren. Auch in Werder ist nach erfolgreichen Seminaren mit Älteren die Gründung einer Seniorenakademie geplant: Innerhalb von vier Monaten sollen Senioren ihr Gedächtnis auffrischen. Voigt verspricht, dass sich mit dem Training das Erinnerungsvermögen deutlich verbessert, nicht zuletzt werde der Demenz vorgebeugt.
Als Lehrer ist der 53-jährige nur noch Teilzeit tätig. Auf seinem Youtube-Kanal führt er vor, wie man Vokabeln, historische Daten oder alle Fußball-Europameister auswendig lernen kann. Voigt hat eine eigene Methode dazu entwickelt. Grundsätzlich sei das Einprägen großer Wissenpakete eine Frage der Technik, Voigt erklärt es so: „Wenn man Gegenstände in einer großen Halle abkippt, entsteht ein Müllhaufen, in dem man nichts mehr findet. Verteilt man sie auf die Zimmer eines Hauses, hat man gute Chancen, sie wiederzufinden.“ Gedächtnistrainer täten nichts anderes, als auf die eine oder andere Art solche Häuser zu entwerfen.
Meist handelt es sich um bildhafte Matrizen, mit denen auch die Kapazitäten der nonverbalen, rechten Gehirnhälfte genutzt werden. Eine der bekanntesten ist die Baumliste. Voigts Erinnerungsmatrix heißt „alpha mutare “ und besteht aus 25 Bilderalphabeten – ein „Merkhochhaus“ mit 25 Etagen. Eine Erwachsenengruppe habe damit in zwanzig Minuten den Osterspaziergang gelernt, seine Tochter ihre Physiotherapie-Ausbildung als Klassenbeste abgeschlossen. Jetzt studiert sie mit Papas Hilfe Osteopathie.
Voigt selbst testet seine Technik im Alltag, zuletzt hat er alle 195 Länder der Erde der Größe nach gelernt. „Vatikanstadt, Monaco, Nauru, Tuvalu, San-Marino...“, er kann sie auch rückwärts. Derzeit ist er bei den Hauptstädten. Henry Klix
Am 7. September von 14-17 Uhr Schnupperkurs am Sokrates-Institut in Werder, Baderstraße 14. Teilnahme: 20 Euro, am gesamten Kurs 220 Euro.
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