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KulTOUR: Wie ick Sie male, sollten Sie aussehen!

Ein Maler-Museum lebt nicht nur von seinen Bildern, auch von den Geistern der Kunst. Sie gilt es zu hätscheln und zu pflegen, damit aus einem Bildertempel bloß kein Haus der toten Maler wird.

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Ein Maler-Museum lebt nicht nur von seinen Bildern, auch von den Geistern der Kunst. Sie gilt es zu hätscheln und zu pflegen, damit aus einem Bildertempel bloß kein Haus der toten Maler wird. Leben also muss rein, durch Interaktion zum Beispiel, durch Vorträge. Das hat man auch im Fercher Refugium für die „Havelländischen“ längst erkannt und den jeweiligen Ausstellungen vertiefende Vorträge beigesellt. Nun aber scheint sich die Chance aufzutun, mehr daraus zu machen.

Am Samstag lud besagtes „Museum der Havelländischen Malerkolonie“ inmitten der aktuellen Ausstellung zu einer Lesung, die nur bedingt mit den Künstlern vom Schwielowsee zu tun hatte. Melanie Zimmermann vom Memoria-Verlag Stadtlohn im Münsterland las aus Max Osborns Lebenserinnerungen „Der bunte Spiegel“, 1945 in New York veröffentlicht. Als Kunstkritiker und Journalist kam er zwischen 1890 und 1933 mit etlichen Geistesgrößen seiner Zeit in Berührung, Wissenschaftler, Politiker, Schriftsteller, Maler. Der Einmann-Verlag aus dem Münsterland hat diese Schrift jetzt wieder aufgelegt, man kann sie im Kossätenhaus kaufen.

Die Lektorin las Kapitel über Max Liebermann, dem Männerporträts stets besser als weibliche („Was, Sie sehn’n nicht so aus wie ick Sie male? So sollten Sie aussehen!“) gelangen. Über den bekennenden Sachsen und Ur-Leipziger Max Klinger, über Leo Lesser Ury und sein trauriges Geschick.

Als Hommage auf den lebendigen Museumsbetrieb folgte ein Abschnitt über Wilhelm von Bode, Chef der Berlinisch-Preußischen Museen in der Kaiserzeit. Sie alle waren seltsamerweise nicht nur Liebhaber und Könner der Künste, sondern auch recht cholerisch. Als man Ury zum Beispiel für seine Radierungen einen verletzend geringen Preis bot, erzürnte der und steckte die Bilder kurzerhand in den Kanonenofen. Weg waren sie! Auch Wilhelm von Bodes Gemüt werden Misstrauen, Heftigkeit und „Wetterleuchten“ nachgesagt. Solch wunderbare Geschichten waren das am späten Samstagnachmittag, die kann man immer gebrauchen.

Die gute Publikumsresonanz auf diese Lese-Offerte sollte die Veranstalter ermutigen, sich – wie im Kleinmachnower Landarbeiterhaus die Filmstrecke – öfter mal solche Extras zu gönnen. Schriften von und über Maler gibt es ja genug, und wenn es Größen wie van Gogh oder Picasso schon nicht bis zum Schwielowsee schafften, so vielleicht doch der Geist in ihren Schriften. Dümmer wird ja keiner, den dieses Malervolk beschäftigt. Für das Fercher Kossätenhaus als Spiegel der „Havelländischen“ käme so auch ein bisschen „die andere Dimension“ wieder mit hinein, die man manchmal vermisst. Sollten die fast dreißig Zuhörer am Samstag keine Referenz dafür gewesen sein?

Gerold Paul

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