Aus dem GERICHTSSAAL: „Wilde Sau“ mit dem Auto gespielt
Rollrasen im Wert von 100 000 Euro zerstört
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Werder (Havel) – In der Nacht des 29. Oktober 2010 spielte Ronny R. „wilde Sau“, wie es die Staatsanwältin formulierte. Mit drei Autos rückten er und seine Kumpels in Schenkendorf an, probten auf dem frisch angelegten Rollrasen einer dort ansässigen Firma Kurvenfahren und Notbremsen. Der Rasen wurde komplett zerstört, dem Firmeninhaber entstand ein Schaden von etwa 100 000 Euro. „Einer ist dem anderen hinterher gefahren. Ich war eigentlich nur Mitläufer“, versicherte Ronny R.* (19) aus Werder (Havel) am Donnerstag vor dem Jugendgericht. Sieben seiner Kumpels mussten sich bereits wegen Sachbeschädigung vor Justitia verantworten. Sie erhielten die Auflage, je 40 Arbeitsstunden zu leisten, um den verursachten Schaden wiedergutzumachen. Frei nach dem Grundsatz „Gleiches Recht für alle“ stellte das Gericht auch das Verfahren gegen Ronny R. ein. Der junge Mann mit dem Kinnbart muss ebenfalls 40 Stunden unentgeltlich arbeiten. Zwar hat er dafür sechs Monate Zeit, aber eng dürfte es für ihn dennoch werden. Neben seinem Ein-Euro-Job hat er noch 120 Sozialstunden wegen Rowdytums am Steuer abzuleisten.
„Wir sind aus Langeweile durch die Gegend gefahren. Da sahen wir die Rasenfläche. Die war so schön glatt. Da haben wir Lust gekriegt, ein bisschen darauf herumzudüsen. Ich bin erst mal davon ausgegangen, das ist ein Feld. Dass es Rollrasen war, habe ich nicht gewusst“, berichtete der Förderschulabgänger. Als eine Meldung über die Zerstörung in der Zeitung stand, sei er stutzig geworden. Später hätten er und seine Freunde Post von der Polizei bekommen. „Wir haben uns gewundert, woher die unsere Adressen kannten. Irgendeiner muss uns verpfiffen haben“, so Ronny R.
„Das Benzin ist offenbar noch nicht teuer genug“, konstatierte die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft. „Sind Sie mal auf die Idee gekommen, sich bei dem Geschädigten zu melden?“ Der Hartz-IV-Empfänger schüttelte den Kopf, räumte dann ein: „Das war Scheiße. Es hätte nicht passieren dürfen.“ „Das Auto ist sein Ein und Alles“, berichtete ein Betreuer der Jugendeinrichtung, in der der Angeklagte nach Heimaufenthalten und Obdachlosigkeit jetzt wohnt. Allerdings könne sich Ronny R. nicht an die im Straßenverkehr geltenden Regeln halten. Rund 20 Bußgeldverfahren laufen. Inzwischen wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und das Auto stillgelegt.
„Das ist heute nur die strafrechtliche Wertung ihres Verhaltens. Die zivilrechtliche Sache ist noch völlig offen. Da dürfte einiges auf Sie zukommen“, gab die Jugendrichterin dem Angeklagten mit auf den Weg. (*Name geändert.) Hoga
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