Von Henry Klix: Winterdienst in allen Winkeln?
In Kommunen rund um Potsdam wird über Konsequenzen des Schneeschipp-Urteils nachgedacht
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Potsdam-Mittelmark - Kommunen dürfen den Winterdienst für Straßen nicht auf Anlieger abwälzen. Am Donnerstag hatte das Potsdamer Verwaltungsgericht die Räumpflicht in Blankenfelde-Mahlow gekippt, die nicht nur dort für Nebenstraßen gilt. In vielen Rathäusern rund um Potsdam wird jetzt über die Konsequenzen des Urteils nachgedacht. Beispiel Teltow: „Bis die Rechtslage klar ist, werden wir keine Ordnungswidrigkeitsbescheide mehr rausschicken“, sagte Teltows 1. Beigeordnete Beate Rietz (SPD) gestern gegenüber den PNN.
Auch laut Teltower Straßenreinigungssatzung sind unbefestigte Straßen und Anliegerstraßen von den Anwohnern zu räumen und zu streuen. Solche Regelungen sind nach dem Urteil unzulässig. Rietz will nun abwarten, ob es Rechtskraft erlangt oder die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow Berufung einlegt. Bis die Rechtslage geklärt ist, werde man aber gegen Versäumnisse nicht mehr vorgehen. „Das heißt nicht, dass die Verfahren nicht wieder aufgenommen werden können“, betonte Rietz. „Nach unserer Satzung bleiben die Teltower verpflichtet, die Straßen zu beräumen.“
Wie Rietz denken auch die Bauamtsleiterin von Schwielowsee, Kerstin Murin, und die 1. Beigeordnete in Werder (Havel), Manuela Saß, darüber nach, ob die kommunalen Straßenreinigungssatzungen geändert werden müssen. „Wenn das Urteil Rechtskraft erlangt, müssen wir wahrscheinlich an die Satzung ran“, so Murin. Sie hoffe aber, dass sich eine Einschränkung des Urteils auch auf Tempo-30-Zonen bezieht: In „verkehrsberuhigten Bereichen“ gilt ein 1,50 Meter breiter Streifen an der Grundstücksgrenze als Gehweg, auf dem die Eigentümer zum Winterdienst verpflichtet werden können – von den Richtern gemeint waren an sich Spielstraßen und Fußgängerzonen. Manuela Saß will sich mit dem Verwaltungsgericht in Verbindung setzen, um Details des Urteils zu klären. Wichtig sei auch, ob die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow aktiv wird, sagte Werders 1. Beigeordnete. Nächste Woche soll das Problem im Haus besprochen werden. „Eine Satzungsänderung wird man so schnell nicht hinbekommen“, sagte Saß. Sie sprach sich dafür aus, neben der Rechtslage den „gesunden Menschenverstand“ zur Anwendung zu bringen. „Wir können den Winterdienst nicht in jedem Winkel schicken. Man muss sich anschauen, was Kommunen leisten können.“ Sie erinnerte daran, dass in anderen Ländern zum Teil auch andere Regelungen als im brandenburgischen Straßengesetz gelten. „Ich fahre in Bayern zum Beispiel gern auf dem festgefahrenen Schnee. Das geht unproblematisch.“ Auf der anderen Seite mache es wenig Sinn, auf der Inselstadt mit der Schneeberäumung das glatte Kopfsteinpflaster freizulegen.
Die Richter hatten am Donnerstag klargestellt, dass auf öffentlichen Straßen allein die Gemeinden für den Winterdienst verantwortlich sind – nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit, wie es im Gesetz heißt. Sie erklärten die Straßenreinigungssatzung von Blankenfelde-Mahlow in diesem Punkt für ungültig. Zwar dürften Kommunen die Reinigung von Straßen an Grundstücksbesitzer delegieren – nicht aber das Schneeschippen und Streuen. Dazu seien Anlieger nur bei Gehwegen verpflichtet, so die Richter.
In Blankenfelde-Mahlow hatte die Regelung in der Vergangenheit regelmäßig in etwa 50 Fällen für Konflikte gesorgt. Auch in Stahnsdorf wurden die ersten Räumverweigerer in den vergangenen Tagen bereits schriftlich ermahnt, der Pflicht nachzukommen, erklärte Bürgermeister Bernd Albers (BfB). Dass die Gemeinde nun selbst für den Schnee auf den Nebenstraßen verantwortlich sein soll, kann er noch nicht so richtig glauben. Man werde eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragen, die Stahnsdorfer Satzung zu überprüfen. Ansonsten sei mit Abstrichen bei anderen Projekte zu rechnen. „Das werden wir uns nicht leisten können.“ Anwohner müssten zur Kasse gebeten werden. „Das hat alles Licht und Schatten“, so Albers. Schließlich sei die Frage zu klären, wo die vielen notwendigen Räumdienste herkommen sollen.
(mit tor)
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