Potsdam-Mittelmark: „Wir brauchen mehr Babys“
Geltower Frauen stricken für den Nachwuchs in der Gemeinde. Bislang gibt es einen Sockenüberschuss
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Schwielowsee - Wenn der demografische Wandel durch Stricken aufzuhalten wäre, hätte Schwielowsee Chancen, sich zu verjüngen. Mit Söckchen, Mützen und Schals werden die Neugeborenen in der Gemeinde seit diesem Jahr begrüßt. Gestrickt werden die Willkommensgeschenke von zehn älteren Damen der Geltower Ortsgruppe der Volkssolidarität. Sie sind vom Stricken für die Lütten so begeistert, dass sie kaum zu bremsen sind. Nur der Absatz stagniert: Im letzten Jahr sind 68 Babys in Schwielowsee zur Welt gekommen. Auch in den Jahren zuvor gab es in der Gemeinde immer gut 60 Neugeborene, 2008 mal 99 Geburten.
„Wir brauchen mehr Babys, damit wir unsere Socken losbekommen“, sagt Theresia Vollrath. Die 72-jährige Geltowerin ist über eine Zeitungsanzeige auf den Babybegrüßungsdienst des Landkreises aufmerksam geworden. Über den Dienst erhalten die Eltern eine Informationsmappe, die Neugeborenen ein Geschenk. Jede Gemeinde kann zudem noch weitere Kleinigkeiten verteilen. In Schwielowsee gab es davor zwar auch schon Söckchen und Handgemachtes. Aber das sei von einer Strickgruppe aus Werder (Havel) geliefert worden, erzählt Theresia Vollrath.
Seit Februar kümmert sie sich mit neun weiteren Frauen der Volkssolidarität selbst um die Babystrickmode. Monatlich treffen sich die Frauen im Café Karo. Ausgerüstet mit Nadeln und einer Tasse Kaffee geht es dann einen Nachmittag lang um den Nachwuchs: Wie groß ist ein Babykopf, wie groß sind die Füße? Was ist mit dem Material? Und wie soll die nächste Kollektion aussehen – immerhin wolle man ja etwas Abwechslung und Eltern und Babys etwas Neues bieten.
Mit einem Lachen zieht die 70-jährige Rita Rietzke eine Riesensocke aus ihrem Holzkorb hervor, der vor Wolle und Nadeln überquillt. Schmunzelnd erinnern sich die Frauen an ihre ersten Versuche. „Das ist ja alles so klein, da ist es eben schwer, die richtigen Maße hinzubekommen“, sagt Rita Rietzke. Aus der Riesensocke ist am Ende eine Mütze entstanden. Alle Strickfrauen haben Probleme mit den Babygrößen – obwohl sie Kinder haben, erinnert sich keine mehr an die Maße. „Selbst unsere Urenkel sind schon aus dem Kleinkindalter heraus“, erzählt die 74-jährige Christa Mörke.
Auf die nächste Kollektion wollen die Damen sich besser vorbereiten. In jeden Kinderwagen wird ein langer Blick geworfen. Familien, die baden gehen, werden genauestens beobachtet. „Ich versuche genau abzuschätzen, wie groß so ein kleiner Wurm ist“, sagt die 74-jährige Margot Jeretzky und deutet mit Daumen und Zeigefinger die Größe eines Babyfußes an.
Eine der Töchter der Strickdamen ist Erzieherin, auch sie soll einen Babykopf abmessen. „Oder wir kaufen uns einen Luftballon und befüllen den mit Luft“, ruft Christa Mörke. Das wäre die einfachste Lösung. Klar ist für die Damen aber, dass sie für ihre nächste Kollektion ans Rathaus nicht nur Socken liefern. „Wir stricken oder häkeln jetzt auch Handschmeichler“, so Theresia Vollrath. Das könnten Sterne, Bären oder andere Figuren sein.
Die vielen Söckchen, die in diesem Jahr übrig geblieben sind, werden jetzt verteilt: „Die verschenken wir an Mütter, mit dem Hinweis, dafür schnellstmöglich Verwendung zu finden“, sagt Rita Rietzke mit Nachdruck. Denn bei der nächsten Kollektion solle bitteschön weniger übrig bleiben als in diesem Jahr.Eva Schmid
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