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Potsdam-Mittelmark: „Wir haben uns geöffnet“ Peter Fuchs, Leiter der Schule Wilhelmshorst, über seinen Schulcampus und die Bildungspolitik

Das zweite Schuljahr hat die Wilhelmshorster Schule nun bereits nach dem neuen Oberschulmodell gearbeitet. Welche Veränderungen haben sich dadurch ergeben?

Stand:

Das zweite Schuljahr hat die Wilhelmshorster Schule nun bereits nach dem neuen Oberschulmodell gearbeitet. Welche Veränderungen haben sich dadurch ergeben?

Vom Unterrichtsinhalt hat sich kaum etwas geändert. Neu hingegen ist unser Ganztagsangebot, das wir seit zwei Jahren aufbauen und an dem neben den Lehrern auch örtliche Kooperationspartner und Eltern mitwirken. Die Schule hat sich nach außen geöffnet, mit den Angeboten am Nachmittag lässt sich der Unterricht sinnvoll ergänzen: Förderangebote, Hausaufgabenbetreuung, ferner eine sinnvolle Freizeitgestaltung und schließlich haben die Schüler die Möglichkeit, weitere Kompetenzen zu erwerben. Das betrifft bei uns besonders die Bereiche Naturwissenschaften und Wirtschaft, Fremdsprachen, Medien- und Computerkurse oder Bewerbungstrainings.

Die Qualität hat sich dadurch also insgesamt verbessert?

Nicht nur dadurch. Im November 2006 haben wir mit dem Ausbau des Campus begonnen – eine Idee, die noch vor vier Jahren belächelt wurde. Grundgedanke war, die verschiedenen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen wie Grund- und Oberschule, Kita, Hort und Jugendclub zu vernetzen, sie befinden sich ja bereits in unmittelbarer Nachbarschaft. Heute ist dieses Vorhaben anerkannt: bei der Gemeinde, beim Land und nicht zuletzt bei den Eltern. So entstanden ein neues Medienzentrum und eine Lehrküche in der Unteren Schule und im Moment wird die Alte Turnhalle zu Aula und Cafeteria umgebaut.

Sie leiten seit 1990 die Schule in Wilhelmshorst, waren seit 1982 hier Lehrer. War das vergangene Schuljahr das aufregendste?

Das ereignisreichste. Zu den baulichen Veränderungen und dem neuen Angebot kam auch noch ein Generationswechsel im Lehrerkollegium hinzu: Von den Lehrern der ersten Stunde nach der Wende ist nur noch ein Drittel übrig. Aber durch die Umsetzung unseres Konzeptes, die viel Arbeit mit sich brachte, sind alle sofort zusammengewachsen.

Sie sind gerade 50 geworden – zählen sie sich schon zur älteren Generation?

Irgendwie schon. Das ist mir bewusst geworden, als das erste Mal ehemalige Schüler von mir ihre Kinder hier eingeschult haben – eine schöne Erfahrung, denn so sieht man, was aus ihnen geworden ist. Das beste Beispiel ist unsere Schirmherrin, die Schauspielerin Anja Kling. Ihre Klasse hatte ich früher unterrichtet - und ab dem kommenden Jahr wird Ihr Sohn herkommen.

Sie können nicht über Nachwuchs klagen: Die Anmeldelisten sind auch für“s nächste Schuljahr voll. Profitieren Sie von Schulschließungen?

Es ist unser Angebot, das überzeugt, und das seit Jahren. Wenn jemand aus Brück oder Beelitz unsere Schule wählt, macht er das nicht aus der Not heraus. Bei den Wilhelmshorstern selbst sieht das wieder anders aus. Manche schielen nach Potsdam: dort gibt es noch vier Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe. Dahinter steckt oft die Vermutung der Eltern, dass ihre Kinder nur so das Abitur erlangen können, was nicht stimmt. So gibt es einen gewissen Konkurrenzdruck: nicht inhaltlich, sondern strukturell.

Die ideale Schullandschaft gibt es also trotz der unzähligen Reformen nicht?

Von den Gesamtschulen abgesehen: Das zwei Säulen-Modell aus Gymnasium und Oberschule ist durchaus tragfähig. Doch hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden. Die Oberschule wurde bei ihrer Einführung als Kernstück der Brandenburger Bildungslandschaft bezeichnet, doch die Diskussion um das Abitur am Gymnasium nach zwölf Jahren hat viele Eltern irritiert: denn dass man die Hochschulreife auch nach 13 Jahren an den Oberstufenzentren erwerben kann, ist zu wenig bekannt. Es muss auch das Vorurteil abgebaut werden, dass ein Kind nur dann was werden kann, wenn es ein Gymnasium besucht.

Konkurrenz mit den Gymnasien?

Wir haben nicht den Gedanken, uns mit den Gymnasien messen zu wollen. Gleichwohl ist der Rahmen mit 64 Wochenstunden in der siebenten und achten Klasse der gleiche. Durch die neue Kontingentstundentafel können Schwerpunkte gesetzt werden, welche Fächer stärker unterrichtet werden. Das ist eine große Chance, unserer Schule ein Profil zu geben und unser Bildungsangebot auf die Bedürfnisse auszurichten. Das bedeutet, die Schüler auf die Aufnahme einer Berufsausbildung beziehungsweise den Besuch einer weiterführenden Bildungseinrichtung vorzubereiten.

Die Unterschiede machen sich dann ab der neunten Klasse bemerkbar.

Besonders, was die Vorbereitung auf das Berufsleben angeht. Wir stehen in engem Kontakt zum Berufsinformationszentrum und zu den Betrieben und Einrichtungen in der Region. Unsere Schule öffnet sich auch in diese Richtung. Das bedeutet: Während unserer Praxislerntage und der Betriebspraktika, aber auch nach Bewerbungsgesprächen und während der Ausbildung unserer ehemaligen Schülerinnen und Schüler bekommen wir Rückmeldungen, wo deren Schwächen liegen und was wir verbessern können. Das ist eine große Hilfe.

Im neuen Schulressourcenkonzept des Landes sind Personalkürzungen geplant. Die Rede ist von 3000 Stellen weniger bis zum Jahr 2012. Merken Sie das?

Ob es wirklich dazu kommt, wird man sehen müssen. Fakt ist, dass es jetzt schon zu wenig Grundschullehrer gibt. Gerade sie brauchen besondere Qualitäten. Bei uns unterrichten Fachlehrer zum Teil schon die dritten Klassen. Wenn es aber gute Pädagogen sind, kann das auch eine Chance sein.

Nach 25 Dienstjahren: Wie eng sind sie mit der Schule Wilhelmshorst verbunden?

Es ist meine berufliche Heimat. Aber Schule lebt in erster Linie von einem engagierten Lehrerkollegium – und das haben wir hier. Meine Aufgabe ist es, Vorbild zu sein und den Kolleginnen und Kollegen in turbulenten bildungspolitischen Zeiten den Rücken frei zu halten.

Das Interview führte Thomas Lähns

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