zum Hauptinhalt

KulTOUR: „Wir nennen sie Kunstwerke“

Ausstellung von jungen Bewohnern des Norberthauses im Rathaus Michendorf

Stand:

Michendorf - Wirklichkeit zu begreifen, ist für behinderte Menschen anders als für die meisten. Die Pädagoginnen von St. Norbert in Michendorf tun viel, ihren Schützlingen dabei behilflich zu sein. Solange das nur „im Hause“ bleibt, bleibt auch der Nutzen darinnen, geht man – wie diese katholische Einrichtung ja sonst mit Einkäufen und Spaziergängen Flagge zeigt – an die Öffentlichkeit, dann entsteht, was ein Behinderter sich jenseits allen Mitleids wünscht: Wahrnehmung, Anerkennung, vielleicht sogar Lob.

Davon war jüngst im Michendorfer Rathaus reichlich zu ernten, denn St. Norbert hatte zusammen mit dem Kulturbund des Ortes eine Ausstellung organisiert, die zweite schon am Platze. Weil neben der Bürgermeisterin (die sich davon eine Motivierung ihrer Mitarbeiter verspricht), Vertretern des Landkreises und Landtages auch Ministerin Johanna Wanka am Platze weilte, erhielt diese Vernissage natürlich ein besonderes Gewicht. Sie lobte die Werke der neunzehn jungen Künstler sehr und versprach, sich dafür einzusetzen, dass solche Initiativen auch finanziell etwas unterstützt werden. Die Gemeinde hat da die Nase schon vorn: Sie stellte nicht nur die Wechselrahmen zur Verfügung, sondern beschenkte die so aktive Gruppe auch mit Malutensil-Nachschub, schöne Geste. Gelobt wurde auch der Hausmeister, er hängte die Bilder so professionell, wie Löwe und Löwin zusammengehören.

Entstanden sind die farbenfrohen Werke aus verschiedenen Anlässen: Mal war es eine Sommerwiese, mal der Besuch eines „Projektzirkus“ im nahen Wildenbruch, mal ein Aquarium – und immer geht es den Pädagogen darum, einen Bezug zu den Erlebnissen auf solchen Ausflügen und Exkursionen herzustellen. Die Kreativität komme dann schon, so eine Betreuerin, und fügte vorsichtig hinzu: „Wir nennen sie Kunstwerke.“

Ausgemacht war „freies Malen“ mit Tusche, Stiften und Farben, einige der Acht- bis Zwanzigjährigen benutzten Schwämme und Vogelfedern, andere übten sich in Druck- und Collagetechniken. Freies Malen bedeutet bei St. Norbert allerdings auch, auf Titel zu verzichten, was eher schade ist. Die einundzwanzig Arbeiten im Parterre und im ersten Stock sind trotzdem Kunstwerke, denn für die Art, wie die Kinder und Jugendlichen Farben und Formen einsetzten, brauchte Picasso „ein ganzes Leben“. Das hat er selber gesagt.

Wirklichkeit dergestalt abzubilden, ist also dem Künstler gegeben, gleich ob behindert oder nicht. Stellvertretend für alle: Wenn Andy Rosin seinem AquariumWasser hunderte Farben und den Fischen sogar einen Goldschimmer verleiht, so hat er das Wesen der Sache getroffen. Pascal Hoenow bildet den Löwen mit seinen Gefährtinnen so vollkommen ab, dass selbst die Gitterstäbe kunstvoll erscheinen. Auch Norma Hains Rosa-Elefant ist klasse geraten. Bastian Seehaus“ Sonne lacht über das ganze Blatt, und wie die neueste Moderne wirkt das Bild von Sebastian Graeger, es zeigt, wie viele Arten von Grün es gibt. Oder Christian Ilginnis: Sein Werk ist vertikal aufgeteilt, ein rotes Haus, ein grüner Vogel, zweierlei Arten von Tropfen fallen dazu vom Himmel, nur träume!

So schwärmten die Erzieherinnen, die Ministerin schwärmte, Cornelia Jung vom Amt, wie unsereiner. Schön, dass man die Kinder bei der Bildauswahl einbezog. Deutlich genug kam die Botschaft herüber: „Wir wollen nicht nur die Leute vom Berg“ sein!“ Als Antwort ein Bürgermeister-Versprechen: „Von nun an gehören diese Wände einmal im Jahr Ihnen!“

Zu sehen während der Öffnungszeiten des Amtes Michendorf, Potsdamer Straße 33, bis September

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })