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Potsdam-Mittelmark: „Wir reden von etwa einer Woche“

Stefan Lindicke vom Obst- und Gartenbauverein würde begrüßen, wenn das Baumblütenfest früher beginnt

Stand:

Herr Lindicke, die SPD in Werder hat wegen des Klimawandels vorgeschlagen, das Baumblütenfest um zwei Wochen vorzuverlegen. Ist das Nonsens?

Nein, ist es nicht. Wir müssen wie 2007 wohl auch dieses Jahr mit einer deutlich früheren Baumblüte rechnen als in den Vorjahren. Zum angesetzten Termin vom 26. April bis 4. Mai könnte also wieder alles verblüht sein. Man muss darüber nachdenken, ob man den Termin flexibler gestaltet.

Wie würde das denn aussehen?

Es ist sicher wegen der langen Vorbereitungszeiten nicht möglich, Jahr für Jahr – je nach Witterungslage – einen neuen Termin zu benennen. Die vierzehn Tage, die von der SPD vorgeschlagen wurden, sind vielleicht auch etwas zu hoch gegriffen. Aber die Süßkirsche war in den letzten Jahren tatsächlich meist schon abgeblüht, wenn es soweit war. Das ist eine besonders attraktive Blüte, die mal den Anlass für das Fest gegeben hat, als es vor über 100 Jahren vom Obst- und Gartenbauverein ins Leben gerufen wurde. Viele Werderaner haben solche Bäume auch im Hausgarten zu stehen.

Aber im Jahr 2006 war die Blüte nach einem kalten Winter noch gar nicht raus?

Natürlich gibt es nach wie vor Ausreißer-Jahre, in denen wir zum Baumblütenball wilde Pflaume schneiden mussten, weil noch nichts geblüht hat. Der Trend zur früheren Blüte ist aber trotzdem nicht mehr von der Hand zu weisen. Inzwischen ist er auch wissenschaftlich belegt und von den Obstbauern statistisch abgesichert. Wir reden von etwa einer Woche.

Nun gibt es ja neben den Blüten auch einen kommerziellen Aspekt des Baumblütenfestes: Der Termin ist ganz bewusst so gelegt, dass der erste Maifeiertag ein wichtiger Besuchstag ist. Sind nicht Einnahmeverluste zu befürchten, wenn der Feiertag rausfällt?

Das ist sicher ein Argument, das gegen die Verschiebung spricht. Man könnte aber überlegen, ob man den Obstbauern – je nach Witterung – schon eine Woche vor dem Festbeginn erlaubt, unter dem Label „Baumblütenfest“ ihre Höfe zu öffnen. Meinem Obsthof ist das im vorigen Jahr durch eine Sondererlaubnis für den Ausschank möglich gewesen. Es würde dann auf kleinerer Flamme losgehen.

Was haben Sie denn voriges Jahr für Erfahrungen mit der Hoföffnung gemacht?

Dass die Kirsche noch in voller Blüte stand. Wir haben gute Umsätze gemacht, es war warm, die Leute tranken Obstwein und saßen in der Sonne.

Das würde bedeuten, man trennt den kommerziellen Festteil in der City von den Angeboten, die die Obstbauern auf ihren Höfen machen?

Vielleicht wäre das eine Chance zu sagen, das man mit dem Baumblütenfest schon etwas früher einsteigt. Bislang ist das durch die Vertragsgestaltung mit der Veranstaltungsagentur leider nicht ohne weiteres möglich.

Wie sieht es denn derzeit genau mit der Obstblüte aus?

Aufgrund des milden Winters und der warmen Temperaturen ist die Vegetation noch weiter fortgeschritten als im vorigen Jahr, wo alles zwei Wochen früher dran war. Inwieweit sich das auf die Obstblüte auswirkt, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Aber wenn wir einen März mit über zehn Grad bekommen, könnte der Vorsprung sicherlich gehalten werden.

Das Interview führte Henry Klix

Stefan Lindicke (34) ist Chef des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins, der das Baumblütenfest 1879 ins Leben rief. Lindickes Familie ist seit 300 Jahren hier im Obstbau präsent.

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