Potsdam-Mittelmark: „Wir sind an sich gut aufgestellt“
Havelbus-Chef Dieter Schäfer zu den ÖPNV-Kürzungen des Kreises, Fusionsplänen und Wettbewerbern
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Die Havelbus Verkehrsgesellschaft wird 15 Jahre alt, aber die Zukunft scheint ungewiss wie nie: Der Landkreis Potsdam-Mittelmark hat die Zuschüsse für den ÖPNV von 5,3 auf 2,5 Millionen zusammengestrichen. Im Nahverkehrsplan wird ein Bedarf von 7,1 Millionen Euro angemeldet. Sind Ihre Rücklagen schon alle aufgebraucht?
Nein, wir haben noch ein paar Reserven. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wibera hat uns bestätigt, dass wir ein sparsam und effizient geführtes Nahverkehrsunternehmen sind. Die Kosten pro Buskilometer liegen günstig und wir prüfen immer wieder unsere Unternehmensteile, wie sie noch wirtschaftlicher arbeiten können. Unser im Wirtschaftsplan einkalkuliertes Defizit werden wir in diesem Jahr um eine Million unterschreiten. Wir sind an sich gut aufgestellt.
Also wie lange halten sie noch ohne Geldspritze durch?
Wir haben einen Kostendeckungsbeitrag von 86 Prozent, nur 14 Prozent werden also aus den Zuschüssen der Gesellschafter gedeckt. Das ist ein Spitzenwert in Deutschland. Ich denke, es wird ja jedes Jahr neu mit den Aufgabenträgern und Eigentümern verhandelt. Zum 15. Geburtstag der Havelbus Gesellschaft hatten wir jüngst Landrat Koch hier, der hat uns versichert, dass es weiter geht und die benötigten Gelder aufgetrieben werden.
Fährt der Landkreis Havelland als Ihr zweiter Gesellschafter ein ähnliches Sparprogramm wie der mittelmärkische Kreistag?
Es wurde nicht gekürzt, wir kommen mit den Zuschüssen von Havelland aus.
Der Verkehrsbetrieb in Potsdam wirbt in jüngster Zeit um eine Fusion mit der Havelbus. Aus dem Landratsamt hört man eher, dass eine 100-prozentige Kreistochter als Nahverkehrsunternehmen gewünscht wird. Wohin wird die Reise gehen?
Es gibt ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Havelbus und ViP. Wir haben Kooperationsverträge über Werkstattleistungen, Tankstellennutzung und ähnliches. Wir untersuchen in einer Arbeitsgruppe, wieweit sich ein Nutzen aus einem Zusammenschluss ergibt. Dabei geht es wohl nur um eine Zusammenlegung der Buslinien im Raum Potsdam, wo es Parallelverkehre gibt und wir uns besser ergänzen könnten, als wir das schon tun. Aber wir haben auch Zwangspunkte im Umland: Wir können nicht in Werder den Zug vernachlässigen, um in Potsdam zwischen die Straßenbahnen zu passen. Es wird demnächst einen Abschlussbericht dazu für die Gesellschafter geben. Sicher würden sich durch eine neue Verwaltungsgesellschaft auch Einsparungen im Verwaltungsbereich ergeben. Zum zweiten ist ein interkommunales Gutachten von Potsdam, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Brandenburg (H.) zu dem Thema geplant, das aber meines Wissens noch nicht in Auftrag gegeben ist.
Sie könnten als Havelbus beim ViP doch vielleicht auch von der Quersubventionierung durch die Stromkunden der Potsdamer Stadtwerke profitieren.
Nein, das wird aus rechtlichen Gründen sicher nicht funktionieren.
Der europäische Wettbewerb wird schärfer und es soll künftig auch für privatwirtschaftlich geführte Unternehmen einfacher werden, Konzessionen für bestimmte Buslinien zu übernehmen. Wurmt es Sie, wenn in einer solchen Zeit die Busfirma Anger aus Marquardt eine Expresslinie nach Schönefeld einrichtet?
Es wurmt mich nicht, es ist ja nicht das gleiche. Wir sind mal die Linie 602 nach Schönefeld gefahren, die sämtliche Haltestellen bedient hat. Die Firma Anger fährt zum Sondertarif an den Halts vorbei. Ich bin auf den Erfolg gespannt und wünsche der Firma Anger alles Gute. Konkurrenz ist es nicht, und dass die Linie nach Schönefeld wieder von Havelbus bedient wird, kann ja auch noch kommen. Was die europäischen Wettbewerber anbetrifft, müssen wir keine Angst haben: Schlanke Verwaltung, Spartentarifvertrag und 36-Stunden-Woche – wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.
Welche Rolle spielen Nebengeschäfte wie die Havelbus Touristik in Ihrer Bilanz?
Wir haben viele Nebengeschäfte, und die machen wir gern, weil wir damit das Ergebnis verbessern. Schienenersatzverkehre, Messeverkehre, Spargellinie, Blütenfestrundfahrt, der Tag der offenen Tür der Bundesregierung oder eben auch die Havelbus Touristik führen letztlich dazu, dass die Gesellschafter nicht so viel zuschießen müssen.
Im Juni ging die neue Saison-Ausflugslinie zwischen Ferch und Werder in Betrieb: An Wochenenden kann man vom Potsdamer Hauptbahnhof zum Bahnhof Werder durchfahren. Ein Erfolg?
Das ist was Neues und muss probiert werden. Die Zahlen von rund 100 Fahrgästen pro Fahrtag haben uns positiv überrascht und ich denke, dass die Linie aufrecht erhalten werden kann, wenn sich Werder und Schwielowsee weiter an der Finanzierung beteiligen.
Das Interview führte Henry Klix
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