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Von Tobias Reichelt: „Wir wollen die Dinger nicht“

Stahnsdorfs Ortsteile fühlen sich von den Windkraftplänen der Berliner Stadtgüter übergangen

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Stahnsdorf - Karin Steingräber hat sich erkundigt: Wie eine „rostige Müllschippe“ sollen Windräder quietschen können. Werden sie älter, werde es lauter. „Wir haben Ängste“, erklärt die Ortsbürgermeisterin des Stahnsdorfer Ortsteils Schenkenhorst. 29 Windkrafträder sollen zwischen den drei Dörfern Schenkenhorst, Sputendorf und Güterfelde entstehen. Es ist ein 98-Millionen-Euro-Projekt, das 37 500 Haushalte mit Strom versorgen könnte, nur in den Ortsteilen will die Räder keiner haben. Mit jedem Tag wird die Sorge nun aber größer, dass sich die Investoren durchsetzen.

„Wir leben hier wie in Klein-Monaco“, sagt Karin Steingräber. 80 Prozent der Ackerflächen rund um Schenkenhorst gehören nicht der Kommune, sondern den Berliner Stadtgütern. Die treiben seit Jahren ihre Pläne für den Windpark voran. Nach geltendem Recht ist es derzeit nicht möglich, Windräder auf den Feldern zwischen Güterfelde, Schenkenhorst und Sputendorf zu bauen – allerdings war es das, bis die Regionale Planungsstelle Havelland-Fläming den Teilplan Wind geändert hat. Dagegen klagen die Stadtgüter. Am 14. September wird das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erstmals über die Klage beraten.

Ein Urteil wird Tragweite haben. „Wir befürchten, dass unsere kleinen Dörfer übergangen werden“, sagt Karin Steingräber. Kippt das Gericht den Teilplan Wind, könnten die Stadtgüter bauen. Mit der Plan 8 GmbH aus Eckernförde steht ein Investor schon bereit. Mehrmals hat der versucht, die Anwohner zu überzeugen – Abstandsflächen sollten auf bis zu 1,2 Kilometer erhöht und die Zahl der Windräder damit auf 20 verringert werden. Einzige Voraussetzung: Im Süden Schenkenhorsts sollte zum Ausgleich ein 60 Hektar großer Solarpark entstehen, 40 Millionen Euro soll er kosten.

Für Sputendorfs Ortsbürgermeister Klaus-Peter Schöttler ist das ein fauler Kompromiss, denn die Windräder würden ja trotzdem gebaut. „Wir wollen die Dinger nicht“, sagt er. Am Mittwochabend präsentierten die Ortsbeiräte von Schenkenhorst und Sputendorf deshalb ihrerseits einen neuen Vorschlag. Statt Windkrafträder könnten auf den stillgelegten Rieselfeldern nachwachsende Rohstoffe in die Höhe sprießen. „Wir sind nicht gegen erneuerbare Energien, aber wir wünschen sie uns in anderer Form“, erklärte Steingräber. Die stillgelegten Felder könnten endlich wieder bewirtschaftet werden, Nutzwälder entstehen oder Mais angepflanzt werden. In einer nahen Biogasanlage könnten die Rohstoffe zu Energie verarbeitet werden.

Für Sven Püstow vom Ortsbeirat Schenkenhorst wäre das eine gute Sache: „Die Stadtgüter sollen ihre Freiflächen vernünftig nutzen“, sagt er. Auch mit einem Solarpark könnte sich einige im Ort anfreunden. Allerdings, so ergänzte Ortsbeirätin Marietta Thäle, Bioenergie wäre vielen lieber. Mit ihrem Vorschlag wollen sie auch die Stadtgüter prüfen: „In Wirklichkeit geht es denen doch nur ums Geld und nicht um erneuerbare Energien.“

In Berlin nehme man den Protest aus den Stahnsdorfer Ortsteilen ernst, sagte Stadtgüter-Mitarbeiter Hans-Ulrich Schuldt den PNN. „Man kann mit uns über alles reden“, sagte er. Allerdings: „Wir werden das Gerichtsverfahren abwarten. Dort, wo die Standortbedingungen für Windkraftanlagen gegeben sind, werden wir weiter daran festhalten.“ Ein verträglicher Mix sei denkbar. Bereits im Oktober wolle man mit Stahnsdorfs Bürgermeister ins Gespräch kommen. Anschließend seien weitere Informationsabende auch in den Ortsteilen geplant.

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