
© Ben Krieman
Festival Rock in Caputh: „Wir wollen kein Woodstock machen“
Das Festival „Rock in Caputh“ feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen. René Christ hat es miterfunden. Jetzt erklärt er das neue Konzept, das auf Regionalität setzt.
Stand:
Herr Christ, „Rock in Caputh“ feiert dieses Jahr Jubiläum. Seit 15 Jahren gibt es das Festival. In letzter Zeit gab es Unkenrufe, dass es „Rock in Caputh“ nun nicht mehr geben würde. War da etwas dran?
Nein, gar nicht, auf der Kippe stand es nie. Aber wir sind gemeinnützig und finanzieren uns aus Spenden, Sponsoren und Eintrittsgeldern – und wenn es viel regnet, gibt es wenig Geld. Da kann es nach einem „Rock in Caputh“ auch mal so aussehen, als würde es kein weiteres geben. Manchmal ist es hart, aber wir können uns auf unsere Freunde verlassen. Es wird also auf alle Fälle ein „Rock in Caputh“ geben.
Die vergangenen Jahre hat es zuverlässig geregnet, es war kalt – und doch findet das Festival dieses Jahr wieder am 8. und 9. Mai statt. Warum bleiben Sie bei dem Termin?
Damit bleiben wir ja auch im Gedächtnis. Die Leute wissen, dass die Festivalsaison mit „Rock in Caputh“ startet. Das macht uns ja aus. Und die Festivalgänger sind hartgesotten – die sind so heiß, dass sie die Kälte gar nicht spüren.
Es gibt mit dem 15-jährigen Jubiläum ein neues Konzept: Es wird regionaler.
Ja, wir spezialisieren uns dieses Jahr auf die Zahl 15: Das ist das 15. Festival, wir haben 15 Potsdamer Bands eingeladen und bieten das Ganze im Vorverkauf für 15 Euro an. Wir wollen uns aber auch mehr auf die Fans aus Potsdam und Umgebung konzentrieren.
Und das wieder mit Bands, die Ihnen im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen zu sein scheinen – Hasenscheisse etwa.
Genau, die einen sagen: Schon wieder Hasenscheisse, die haben wir doch schon oft gesehen – und die anderen sagen: Ihr könnt doch das „Rock in Caputh“ nicht ohne Hasenscheisse machen! Wir sehen das so wie die zweite Gruppe. Es spielen aber auch Bands, die schon lange nicht mehr da waren oder noch nie, 44 Leningrad zum Beispiel. Und eine Menge mehr: Ruffians, Cherry Bomb, Thee Flanders, Veto, Stadtruhe, dazu DJs
Ihr Konzept mit einer ganz kleinen und einer ganz großen Bühne wird sich ja auch verändern.
Richtig, es wird jetzt zwei mittelgroße Bühnen geben. Wir haben die letzten Jahre überregional bekannte Bands extra für die große Bühne geholt. Jetzt haben wir aber eher ein Familientreffen, da wäre so eine Überdimensionierung einfach Blödsinn.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Gemeinde?
Die läuft prima, sowohl mit der Gemeinde als auch mit dem Ordnungsamt. Sie wissen inzwischen, dass wir kein Woodstock machen, und vertrauen uns.
Woodstock?
Ja, am Anfang haben wir ja gedacht, das wird größer und größer, aber das schafft man einfach nicht mehr. Außerdem würde es auch unpersönlich werden. So machen wir das weiter ehrenamtlich und bleiben in der Größenordnung.
Wie viele Leute helfen denn mit bei dem Festival?
Im Verein sind es so um die 20 Leute, die den festen Kern bilden, aber mit den ganzen Helfern sind wir bestimmt 100. Das ist richtig Arbeit geworden, man macht nicht eben so nebenbei ein Festival, da hängt viel dran. Finanziell geht da fast ein Eigenheim von A nach B. Und die Verantwortung ist riesig. Wir bauen ja für zwei Tage eine kleine Stadt. Helfer können wir da immer gebrauchen.
Also lieber einen Gang runterschalten?
Genau, back to the roots. Alles wird entspannter, sodass man als Helfer auch mal ein Bier mit der Band trinken kann. Dann fühlt man sich auch viel wohler. Und auch für die Gemeinde ist es schöner, wenn es etwas kleiner wird, gerade wegen der Lärmbelastung. Aber die Rahmenpunkte für das Festival ändern sich nicht. Wir nehmen die Gemeinde einfach mehr mit, das haben wir letztes Jahr schon, mit einer Hüpfburg etwa. Aber auch unsere Fans werden älter, wollen trotzdem noch aufs Festival gehen – da bringen sie ihre Kinder eben mit. Außerdem haben wir ja das Gemeindeticket für Schwielowsee.
Was ist das?
Das haben wir vergangenes Jahr für die Bewohner von Caputh, Ferch und Geltow eingeführt. Damit kommen sie per Vorverkaufsticket für zehn Euro auf das Festival. Das ist eine Nachbarschaftsidee, weil einmal im Jahr die ganzen Leute in die Orte einfallen.
Gibt es denn noch den Plan, wieder national bekanntere Bands zu holen?
Mit diesem Konzept nicht. Aber es gibt auch in Berlin ganz tolle Bands, da müssen wir keine aus Hamburg holen. Die Möglichkeit bleibt aber offen, wenn der Rest regional bleibt. Aber wir planen nur von einem Jahr zum nächsten. Und: Es wird übrigens regnen.
Das steht jetzt schon fest, ja?
Das ist schon der Running Gag bei uns im Verein, dass die Bauern immer auf das „Rock in Caputh“ warten, weil sie da die Saat ausbringen können. Ich habe mal in die Statistik geschaut und kann sagen, dass es in 14 Jahren nur dreimal nicht geregnet hat. So weiß man aber wenigstens, was man einpacken muss.
Wie war das, als damals alles anfing?
Das erste „Rock in Caputh“ haben wir auf dem Gelände des Jugendclubs gemacht, der war direkt am Schloss. Mitten im Programm mussten wir unterbrechen, weil der Festumzug zum Schützenfest an uns vorbeigezogen ist. Wir hatten damals ganz viele Beschwerden, für die Nachbarn waren wir nur die Rocker, die Krach gemacht haben. Aber über die Jahre haben wir bewiesen, dass wir friedlich sind.
Sie moderieren ja schon seit Jahren gemeinsam mit Stefan Krause das Festival. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Das ist eine wirklich witzige Geschichte: Ich musste quer durch Potsdam auf dem Weg nach Caputh, und auf einmal war hinter mir ein Auto, da saß einer drin, der gestikulierte wild, hupte und rief mir immer zu: „Halt mal an! Du machst doch Rock in Caputh!“ Ich wollte auf keinen Fall anhalten, weil ich dachte, das sei ein Irrer. Und er rief immer wieder durchs offene Fenster: „Ich will da mitmachen!“ Wir sind dann zu zweit den Brauhausberg hoch, und irgendwann habe ich ihm die Mailadresse vom Festival zugerufen, um ihn loszuwerden. Heute ist er Booker bei uns und absolut unverzichtbar.
Das klingt nach Vergnügen.
Wir haben wirklich unglaublich viel Spaß miteinander, wir schieben Dreitonner zu zehnt aus dem Matsch, solche Aktionen bleiben im Herzen. Wer kann schon behaupten, dass er einen Bierwagen mit fünf Leuten 50 Meter quer über eine Wiese geschoben hat?
Das Interview führte Oliver Dietrich.
Oliver Dietrich
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