Potsdam-Mittelmark: „Wir zahlen schon 50 Cent die Stunde mehr“
Obstbauer Thomas Giese über die Probleme mit fehlenden Saisonarbeitskräften bei der Apfelernte
Stand:
Die Apfelernte hat Mitte August begonnen und wird noch etwa bis Ende Oktober dauern. Sind Sie mit den Erträgen zufrieden?
Wir haben ein gutes Apfeljahr und können auch über die Qualität nicht meckern. Wir hoffen nur, dass wir wenigstens bis zum November auch alle Äpfel abhaben.
Wo liegt das Problem?
Die Situation bei den Erntekräften ist angespannt. Von den ausländischen Saisonarbeitskräften ist in diesem Jahr die Hälfte nicht gekommen. Von insgesamt 100 Erntehelfern waren bisher immer etwa 80 aus dem Ausland, und von denen sind nur 40 da. Ich versuche, das mit deutschen Saisonkräften abzufedern. Die Maia-Tochter Agrotime hat mir auch 25 zusätzliche Kräfte zur Verfügung stellen können. Aber wir reden von 70 Hektar Apfelplantagen und etwa 2000 Tonnen Äpfeln. Die Ernte gestaltet sich schwierig.
Sie werden nicht alle Äpfel vom Baum bekommen?
Ich hoffe doch, aber die Ernte wird sich länger hinziehen. Das Problem kann sein, dass die Äpfel bei der Ernte überreif und nicht mehr richtig lagerfähig sind. Es sind trotzdem gute Äpfel, aber die müssen dann schnellstmöglich verkauft werden.
Die Probleme mit Erntehelfern gibt es ja deutschlandweit, werden sie vielleicht zu schlecht bezahlt?
Wir zahlen in diesem Jahr schon 50 Cent pro Stunde mehr. Wer richtig gut ist, kommt mit Leistungsboni auf so etwa fünf bis sechs Euro die Stunde. Aber damit sind wir am Limit. Viele Erntehelfer finden jetzt auch in ihren Heimatländern besser Arbeit, die Wirtschaft in Polen wächst ja. Oder die gehen in andere Länder als Deutschland.
Wirken sich die steigenden Lebensmittelpreise nicht auch positiv auf Ihre Bilanz aus?
Das wird an die Produzenten nicht weitergereicht. Der Marktpreis bei Äpfeln liegt zwischen 30 und 50 Cent pro Kilogramm, das liegt so etwa im Durchschnitt der vergangenen Jahre.
Wie fällt die Erntebilanz für den Obstbau in diesem Jahr insgesamt aus?
Dieses Jahr ist ein gutes Ertragsjahr beim Obstbau. Das Problem war aber auch bei den Kirschen, dass wir 20 Tonnen – das sind ein gutes Viertel des Gesamtertrages – am Baum lassen mussten, weil die Erntehelfer gefehlt haben. Das macht einen Umsatzverlust von ungefähr 70 000 Euro.
Wie sieht die Zukunft aus, wenn sich der Trend verschärft und womöglich noch weniger ausländische Erntehelfer nach Deutschland kommen?
Man muss zusehen, dass man die ausländischen Saisonkräfte fester binden kann. Dazu müssten sich aber die Rahmenbedingungen ändern: Wir müssten die Möglichkeit haben, die Erntehelfer über sechs Monate zu halten, damit die Anreise attraktiver wird. Bislang beträgt die Arbeitsfrist nur zwei Monate. Das kann auf vier Monate verlängert werden, dann aber mit sämtlichen Steuern und Abgaben. Jeder Obstbauer wird sich auch einen guten Stamm von deutschen Saisonkräften aufbauen müssen. Das wird alles wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Das Interview führte Henry Klix
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