Aus dem GERICHTSSAAL: Wirt schlug in Werder mit Kuhfuß zu
Säumiger Gast bekam nächtlichen Besuch
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Werder (Havel) - „Ich habe keinen Ausweg mehr gesehen. Irgendwie musste ich ja an mein Geld kommen“, erzählt Matthias M.* (42) auf der Anklagebank. Der Wirt einer kleinen Werderaner Kneipe soll am 5. Mai versucht haben, rund 3000 Euro Schulden seines Gastes Otto O.* gewaltsam einzutreiben. Der Gastronom – er ist wegen Diebstahls, Bedrohung, Hehlerei, Sachbeschädigung, Steuerverkürzung und Trunkenheit am Lenkrad vorbestraft – kassierte jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem muss er 300 Euro Geldbuße zahlen. Matthias M. soll zu nachtschlafender Zeit in den Bungalow des säumigen Zahlers eingedrungen sein, den Mann mit einem Brecheisen verprügelt und seine Zeche gefordert haben. „Die Tür war schon aufgebrochen. Sie lag auf dem Boden. Ich bin im Dunkeln drübergelaufen“, begründet der Kneipier einen Abdruck seiner Schuhe, den die Kriminaltechniker gesichert hatten. „Und geschlagen habe ich Otto O. auch nicht. Ich habe nur mein Geld gefordert. Gekriegt habe ich allerdings nichts.“
Sein Opfer Otto O. (52) lag im Bett, als es an der Terrassentür krachte. Starr vor Angst rief er den Polizei-Notruf an, da war der Täter auch schon drin. Otto O. erkannte in ihm den Wirt seiner Stammkneipe. Geistesgegenwärtig hielt er den Handykontakt zur Leitstelle. Die Beamten vernahmen die Worte: „Wo ist mein Geld?“ Dann eine zweite Stimme: „Bitte, nicht hauen. Aua, aua.“ Inzwischen waren die Polizisten der Wache Werder unterwegs, der Angeklagte lief ihnen in die Arme. „Er trug Einweghandschuhe, darüber Lederhandschuhe“, erinnert sich der Beamte Andrè K. im Zeugenstand. „In der einen Hand hielt er einen Kuhfuß, in der anderen das Handy des Bungalowbesitzers. E wurde vorläufig festgenommen.“
„Otto O. war ein guter Kunde. Ich habe notiert, was er verzehrt hat“, berichtet die Ehefrau des Angeklagten. Ihr gehört die Gaststätte. In der Regel habe er seine Schulden pünktlich beglichen. Ende 2008 sei der Stammgast dann in finanzielle Schieflage geraten, habe Monate auf Pump konsumiert. „Otto hat versprochen, sobald sein Bausparvertrag ausgezahlt wird, bekommen wir das restliche Geld“, so die Wirtin. Als sich seine Verbindlichkeiten Anfang 2009 auf rund 3000 Euro beliefen, habe sie ihm Hausverbot erteilt. „Ich wusste nicht, dass mein Mann die Summe eintreiben wollte.“
„Ich bin der Meinung, die Schuldenhöhe ist nicht berechtigt“, so Otto O. vor Gericht. „In der Woche war ich drei- bis viermal in der Gaststätte. Da habe ich fünf oder sechs Bier vertilgt, manchmal eine Currywurst. Das wurde immer angeschrieben.“ Dummerweise zeichnete Otto O. die Rechnungen nicht gegen, er warf nicht einmal einen Blick darauf. „Am Monatsende habe ich dann das bezahlt, was meiner Ansicht nach offen war. Das hat immer funktioniert“, behauptet er.
„Es bestanden tatsächlich Schulden des Gastes, in welcher Höhe auch immer. Das ist das Einzige, was man dem Angeklagten zugutehalten kann“, resümiert Amtsrichterin Kerstin Nitsche nach mehrstündiger Verhandlung. „Mitten in der Nacht bei jemandem einzubrechen und ihn anzugreifen ist durch nichts zu rechtfertigen.“(*Namen geändert.)Hoga
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