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Über Geschmack lässt sich streiten. Über den Titel „Rübchenstadt“ auch. Teltow will den Namen des edlen Gemüses nun doch nicht führen. Zu groß waren die Sorgen, der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort könnte Schaden nehmen.

© Manfred Thomas

Potsdam-Mittelmark: Wissenschaftler gegen „Rübchenstadt“

Kein Herz für das Gemüse: Teltow will auf den markanten Zusatztitel im Stadtnamen verzichten

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Teltow - Sie ist klein, sie ist köstlich, selten im Geschmack und das Symbol einer Stadt: das Teltower Rübchen. Schon Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe lobte das gelblich zarte Fleisch der Rübe – die, soll sie ein Original sein, im Teltower Boden gedeihen muss. Kulinarisch hat die Rübe der Stadt am Teltowkanal weltweit einen Namen eingebracht, offiziell will Teltow auf die Rübe im Stadttitel jedoch verzichten: Zu groß ist die Sorge, man könnte den Ruf als Technologie- und Wissenschaftsstandort beschädigen.

Teltow soll keine „Rübchenstadt“ werden. Das kündigte der Vorsitzende des Fördervereins für das Teltower Rübchen, der SPD-Landtagsabgeordnete Sören Kosanke, jetzt an. Man habe den Bürgermeister gebeten, den Antrag zur Umbenennung in „Rübchenstadt“ Teltow zurückzuziehen. Die Bedenken zahlreicher Unternehmer und Wissenschaftler gegenüber dem offiziellen Namenszusatz seien zuletzt zu groß gewesen. „Einige haben sich sehr unwohl bei dem Gedanken gefühlt, Teltow würde offiziell zur Rübchenstadt“, sagte Kosanke.

Und tatsächlich ist die Liste der Umbenennungsgegner lang. Unter ihnen sind Wissenschaftler wie die leitenden Angestellten Hans-Peter Fink, Monika Bauer und Armin Wedel von den Fraunhofer-Einrichtungen in Teltow oder Andreas Lendlein vom Helmholtz-Zentrum. Gemeinsam machen sie sich gegen die Umbenennung stark: „Teltow ist keine Ackerbürgerstadt mehr und wird auch nie wieder eine werden“, schrieben sie an Stadtverordnete und Bürgermeister. Teltow habe sich zu einer der führenden Kommunen im Landkreis entwickelt. Innovative Industrien, Wissenschaft sowie Gesundheits-, Verwaltungs- und Handelseinrichtungen prägten die positive Entwicklung. Der Zusatz Rübchenstadt erscheine „verniedlichend, ist keine gute PR-Idee und rückwärtsgewandt“, so die Wissenschaftler.

Das sieht auch Carola Fanter so. Die Vorsitzender der Fraktion Bürger-Initiative-Teltow (BIT) setzt sich seit Langem gegen den Namenszusatz ein. „Als Rübchenstadt würden wir uns unnötig klein machen“, sagt sie. Zwar habe man nichts gegen die leckeren Rüben, aber sie seien heute nicht mehr geeignet, das Bild von Teltow zu prägen. „Wir müssen nicht so bescheiden sein“, sagte Fanter. Dass das Rathaus den Namenszusatz seit geraumer Zeit im eigenen Stempel trage, störe sie weniger. Den Titel aber auch auf den Ortseingangsschildern zu lesen – das sei für sie undenkbar.

Dabei war genau das geplant, sagt Rübchenfreund Kosanke. Ende vergangenen Jahres brachte die Brandenburgische Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Kommunalverfassung auf den Weg, der es Städten ermöglichen soll, einen Zusatznamen zu tragen, so zum Beispiel die „Kleist-Stadt“ Frankfurt (Oder) oder die „Fontane-Stadt“ Neuruppin. Nötig soll dafür nur eine Abstimmung im Stadtparlament sein: Dreiviertel aller Kommunalpolitiker müssen allerdings zustimmen.

Doch diese Abstimmung wird es in Teltow nun nicht geben. „Wir wollen die Entwicklung der Stadt als Technologie-Standort natürlich nicht gefährden“, begründete Kosanke. Deshalb habe sich der Förderverein schweren Herzens entschlossen, sich von der offiziellen Umbenennung zu verabschieden. Die Diskussion um den Namenszusatz sei ernsthaft geführt worden und ernsthaft habe man die Bedenken der Umbenennungsgegner abgewogen. „Ich teile ihre Befürchtungen zwar nicht“, sagte Kosanke, aber es ändere sich nur wenig, wenn der Titel „Rübchenstadt“ nur inoffiziell genutzt werden kann. „Wir müssen diejenigen, die es nicht wollen, nicht verärgern.“

Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) kündigte gegenüber den PNN an, der Bitte des Fördervereins nachkommen zu wollen. Es werde keinen Antrag zur Umbenennung der Stadt in „Rübchenstadt“ geben. Schmidt: „Gleichzeitig weise ich jedoch deutlich darauf hin, dass ein Verzicht auf den Namenszusatz auf dem Ortseingangsschild nicht gleichbedeutend damit ist, dass die Stadt Teltow das Rübchen nicht weiter bewerben wird.“ Es sei ein Markenzeichen und wesentliches Merkmal der Stadt. Man wolle die „kleine Rübe selbstverständlich auch weiterhin nutzen, um Teltow überregional bekannt zu machen“, so Schmidt.

Die Erleichterung in Wissenschaft und Wirtschaft über den Rückzug der Rübchenfreunde ist groß, sagte Steffen Heller, Chef des Unternehmerverbands Brandenburg. „Der Verzicht auf den offiziellen Namenszusatz ist durchweg zu begrüßen.“ Es habe große Besorgnis gegeben, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Schaden nehmen könnte. In Teltow zählten schließlich Köpfe, nicht Rüben, sagte Heller. Tobias Reichelt

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