
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Wochenmarkt, Wohnungen oder eine Kita
Bauhaus-Studenten aus Weimar befragen Michendorfer zu ihren Wünschen für eine Ortsmitte
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Michendorf - Brille mit goldenem Rahmen, Vollbart und Birkenstock-Sandalen. Gunnar Grandel fällt auf in Michendorf. Zusammen mit zwei weiteren Studenten der Weimarer Bauhaus-Universität sitzt er am Mittwoch vor dem Fleischer in der Potsdamer Straße. Das Ziel der jungen Urbanistik-Studenten: Michendorfer zu ihren Wünschen nach der Ortsmitte befragen. Auf dem Tisch vor den Studenten liegt eine Karte Michendorfs, die Potsdamer Straße ist orangefarben markiert, auch das Teltomat-Gelände und der Bahnhof stechen farblich hervor. Die Studenten verteilen Postkarten an Passanten, darauf zwei Fragen: 1. Was braucht eine Ortsmitte? 2. Was verbindest du mit der Michendorfer Ortsmitte?
Es geht hauptsächlich um die Entwicklung der Teltomatbrache: Die rund 2,5 Hektar große Fläche zwischen der Michendorfer Poststraße und der Bahntrasse wartet seit Anfang der 1990er-Jahre auf eine neue Nutzung. Immerhin hat der Eigentümer, der Bauunternehmer Günther Papenburg, mittlerweile aufgeräumt. Laut dem Michendorfer Rathaus sei die Fläche, auf der bisher alte Gebäude aus DDR-Zeiten standen, komplett beräumt. Auch der zum Teil schwierige und von langen Unterbrechungen gekennzeichnete Kontakt zwischen Eigentümer und Gemeinde habe sich verbessert. In letzter Zeit habe Papenburg mehrmals das Gespräch mit der Gemeinde gesucht. Für das Areal soll es einen neuen Bebauungsplan geben. Papenburg hat den Ball nun den Michendorfern zugespielt, sie sollen sagen, was sie in ihrem Ortskern haben wollen.
Gunnar Grandel lächelt die Passanten an, manche bleiben stehen, schauen neugierig auf die Karte auf dem Tisch. Was es hier gebe, fragt ein Mann, der eigentlich zum Fleischer möchte. Grandels Kommilitone erklärt das Ziel der Befragung. „Da kommen Sie zu spät, jahrelang hat sich an dieser Ruine nichts verändert, während am Ortsrand die Kaufhallen entstanden sind“, sagt der Mann. Grandels Antwort: „Man muss den Teufel nicht an die Wand malen, füll doch eine Postkarte aus.“ Der 22-Jährige duzt die Michendorfer, den Mann vor dem Tisch stört das nicht. Er beugt sich hinunter und füllt die Karte aus. Seine Wünsche: bezahlbares Wohnen für Jung und Alt und eine Kita.
Auf einer anderen steht, dass Michendorf einen Wochenmarkt bräuchte, und dass die Bebauung des Teltomat-Geländes einen ländlichen Charakter haben soll. „Überrascht hat uns, dass es oft sehr detaillierte Ideen gibt“, sagt die Studentin Paula Pons. So würden sich viele Naturstein für die Oberfläche des Teltomat-Geländes wünschen. Auf vielen Postkarten tauche auch das Stichwort Marktplatz auf.
Vor gut zwei Wochen haben die drei Studenten in den Läden entlang der Potsdamer Straße ihre Postkarten verteilt. Mit dem Rücklauf – die genaue Zahl konnten sie am Mittwoch noch nicht benennen – seien sie zufrieden. „Wir haben hier eine gewisse Resignation bemerkt“, sagt Jannik Noeske. Suche man aber das Gespräch mit den Anwohnern, würden sie neugierig und hätten Lust, die Entwicklung ihres Ortes mitzugestalten. Darum gehe es den drei Studenten hauptsächlich. Komplizierte B-Planverfahren schreckten viele von einer Beteiligung ab, so Noeske. Die Postkarten dagegen seien niedrigschwellig.
„Wir arbeiten hier am offenen Herzen“, sagt Noeske. Das sei viel spannender als die theoretischen Uniseminare. Die Zusammenarbeit mit den Bauhaus-Studenten kam über einen Privatkontakt zustande, das Team aus Weimar ging auf Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) zu. Der fand die Idee gut und stimmte zu. Zwischenergebnisse werden am heutigen Freitag von 18 bis 21 Uhr im Gemeinzentrum „Apfelbaum“, Potsdamer Straße 64, vorgestellt und diskutiert. Geplant ist auch eine Abschlusspräsentation Mitte August. Eva Schmid
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