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Potsdam-Mittelmark: Wohnen, wo „die Ente“ stand
Gemeindevertreter von Seddiner See stellten Weichen für Baugebiet mit bis zu 50 Häusern
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Seddiner See - Die „Ente“ wird abgerissen, der „Mühlenberg II“ wird Wohngebiet. Die beiden Synonyme stehen in Seddin für einen jahrelangen Streit, am Dienstagabend wurde er in der Gemeindevertretersitzung per Beschluss beendet: Die „Wohnen am Seddiner See GmbH“ darf demnach ein neues Baugebiet für bis zu 50 Häuser am Mühlenberg erschließen, im Gegenzug reißt sie die im Wege stehende Ruine der Entenfarm teilweise ab. Der riesige Geflügelmastbetrieb steht seit 1997 leer. „Es geht mir jetzt besser“, atmete Bürgermeister Axel Zinke (parteilos) nach der Abstimmung hörbar auf. „Wohnen am Seddiner See“-Geschäftsführer René Büttner versprach den zügigen Abriss, möglichst bis Jahresende, und die schnelle Vermarktung. „Ich lebe schließlich vom Grundstücksverkauf.“ 10 der 16 Vertreter waren für den Abschluss des städtebaulichen Vertrages, je drei stimmten dagegen oder enthielten sich. Vor der Abstimmung wurde lebhaft diskutiert.
Noch im April war ein Votum auf Antrag der SPD vertagt worden. „Es ist der Eindruck entstanden, wir wären grundsätzlich gegen das Vorhaben. Dies ist nicht zutreffend“, teilten Petra Bodenstein und Werner Ruhnke (beide SPD) dem Bürgermeister mit. Ihre Fragen wurden am Dienstagabend beantwortet.
Die Mindestgrundstückgröße für den Mühlenberg II ist jetzt mit 400 Quadratmetern festgeschrieben, der Ausbau der Verbindungsstraße zwischen „Mühlenberg I“ und „Mühlenberg II“ wird nicht weiterverfolgt. Die geforderte juristische Prüfung des städtebaulichen Vertrags wurde vorgenommen, der Vertrag für unanfechtbar erklärt. Der Investor wird nach Rechtskraft der Vereinbarungen eine Bürgschaft von rund 900 000 Euro hinterlegen. „Damit sind die Erschließungsbeiträge für das Gebiet gesichert. Diese umfassen auch den Abriss“, so Bürgermeister Zinke.
Das Wohngebiet Mühlenberg I hat René Büttner bereits vor Jahren erschlossen und vermarktet. Den Befürchtungen, dass durch die Bebauung des Mühlenbergs II für Jahre keine weitere Bautätigkeit im Ort möglich sein wird, widersprach Zinke ebenfalls. „Die Gemeinde verfügt über acht Hektar ausgewiesenes Bauland, und das seit Jahren, ohne dass dort etwas passiert ist“, erklärte das Gemeindeoberhaupt.
Die alte Entenfarm verfällt zusehends. Autowracks und Baumschnitt türmen sich auf dem Gelände, Fenster sind eingeschlagen, Fassaden beschmiert. „Ein Schandfleck, der abgerissen werden muss“, so Einwohnerin Ellen Kranach. Sie betonte, dass es wohl 25 Einwendungen gegen das Vorhaben gibt, aber ihrer Meinung nach 1300 Einwohner nichts gegen das Projekt haben. Auf Nachfrage des Bürgers Bernd Lehmann wurde allerdings deutlich, dass die an der Hauptstraße/Seddiner Straße stehenden nördlichen Flügel der Entenfarm vorerst nicht abgerissen wird. Auch dieser Teil geht an die „Wohnen am Seddiner See GmbH“, ist aber nicht Gegenstand der Verhandlungen mit der Gemeinde. „Dort sieht der Flächennutzungsplan Tourismus und Fremdenverkehr vor“, erklärte Bürgermeister Zinke.
Büttner ergänzte, dass dieser Abriss ebenfalls gewollt ist, aber später erfolgen soll. Er wolle 867 000 Euro in Abriss und Erschließung investieren, weitere 600 000 Euro koste ihn eine Ablösung der von der HSH Nordbank erhobenen Forderungen zum Vollzug des Grundstückskaufs. „Der dann zu erzielende Erlös aus den 23 000 Quadratmetern ist erheblich mehr als diese Summe“, rechnete Büttner den Gemeindevertretern vor. Falls alle Neusiedler sich für eine Mindestgröße entscheiden sollten, könnten 51 Häuser neu entstehen, in der Gemeinde geht man von 40 Gebäuden aus.
In einer von den Linken geforderten namentlichen Abstimmung wurde nicht nur der städtebauliche Vertrag, sondern auch die Änderung des Flächennutzungsplans und der Bebauungsplan beschlossen. Werner Ruhnke (SPD) stimmte mit dafür, seine Fraktionskollegin Petra Bodenstein zählte zu den Gegenstimmen. Sie war immer noch nicht überzeugt.
Vor allem stellte sie die Gültigkeit der Abstimmungen infrage, da der Ortsbeirat keine Stellungnahme abgegeben hat. „Der Ortsbeirat hat die Unterlagen nicht erhalten, nur ich als Ortsvorsteherin habe sie bekommen. Deshalb konnten und wollten wir darüber nicht entscheiden“, so Ortschefin Jeanette Freund.
Andreas Koska
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