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STANDpunkte: „Wollen wir das wirklich?“

Verkauf der Alten Seeschule wäre Verlust eines Stücks Ortsgeschichte

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STANDpunkteVerkauf der Alten Seeschule wäre Verlust eines Stücks Ortsgeschichte Stahnsdorf - Mit der Eröffnung des neuen Bürgerhauses in Güterfelde sehen die Gemeinde Stahnsdorf und einige Gemeindevertreter nun die Möglichkeit, sich von der Alten Schule in Güterfelde zu trennen. In einem Gutachten wurde der Gebäudewert gleich Null gesetzt und es soll auch nur ein Teil des derzeitigen Bodenpreises gefordert werden. Die aktuelle Situation vor dem Verkaufsbeschluss durch die Gemeindevertreter, lässt es sinnvoll erscheinen, an einige Marksteine der Schule zu erinnern. Wegen steigender Kinderzahl verfügte die Königliche Regierung 1906 die Bildung einer zweiklassigen Schule mit zwei Lehrern. 1907 wurde mit der Verhandlung über den Neubau einer Schule in der Potsdamer Straße am „Nelkenberg“ begonnen. Als Notlösung wurde bis dahin auch der Konfirmandensaal auf dem Pfarrgrundstück für den Unterricht genutzt. Es geschah eine richtige Großtat: ein aus der Dorfbebauung herausragendes stattliches Gebäude mit zwei gleichgroßen hohen, hellen Klassenzimmern, feuerfestes Treppenhaus, zwei großen Lehrerwohnungen mit Nebengelass und eine Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss die aus Geldmangel aber erst später gebaut wurde. Als Krönung erhielt das Gebäude über dem Eingangsportal eine große Uhr mit Stunden- und Halbstunden –Glockenschlag. Nach der Fertigstellung 1910 war diese Zeitansage, solange Uhren noch nicht so verbreitet waren, auch für die Zeitorientierung bei der Feldarbeit von Nutzen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf zirka 50000 Mark. Die Freude der Gütergotzer währte 19 Jahre, bis in der Schule in einer Februarnacht bei minus 30 Grad Feuer ausbrach. Das Wasser gefror in den Schläuchen und der Schaden wurde groß. Das grundsolide Gebäude wurde sofort wieder instandgesetzt. Die Bombenangriffe des Krieges und das Ende der Kampfhandlungen überstand die Schule ohne nennenswerte Schäden. Das Schulwesen der DDR führte zwar zum Ende des Schulunterrichts in Güterfelde, jedoch nicht zum Ende der Schulgeschichte. Das Schulgebäude bot den Gemeindevertretern und Bürgermeister günstige Arbeitsbedingungen. Davon konnte nach der Wende weiterhin die gewählte Güterfelder Gemeindevertretung profitieren. Mit der späteren Eingemeindung nach Stahnsdorf und finanzieller Entschädigung hatte der Bürgermeister keine Probleme. Anders sah es da schon mit dem Interesse von Güterfeldern für sie betreffende politischen Entscheidungen aus und dem Wunsch nach Einwohner- oder Bürgerversammlungen. So wurde ohne öffentliche Diskussion der mehrheitliche Beschluss der Güterfelder Gemeindevertreter, die nach der Eingemeindung freigezogene Schule zum Bürgerhaus zu machen, kurzerhand aufgehoben und in sein Gegenteil verkehrt. Wie fängt man das an? „Ich will kein Bürgerhaus“ war sicher nicht zu vermitteln. Da kam die Idee: Bürgerhaus ja – aber nicht in der Schule, das geht überhaupt nicht, das kostet Millionen. Besser wäre doch, das nach dem Auszug der Kita frei werdende Wohnhaus an der Berliner Straße nicht – wie beschlossen – zur Finanzierung der Renovierung der Schule zu verkaufen, sondern umgekehrt, daraus ein Bürgerhaus zu machen. Dieses war der erste Streich und der Zweite folgt sogleich: Nun müssen wir schnell noch den Klotz von Schule vom Bein kriegen und mit dem Geschichtsbewusstsein Schluss machen. Wollen wir das wirklich? Vielleicht melden sich doch noch die Güterfelder zu Wort, die dort die Grundlage ihres Wissens, ihres Berufes, ihres Lebensweges empfangen haben, dass sie den Identifikationsbau der Dorfgeschichte, den ihre Väter mühselig zusammengespart haben, behalten und nicht als Immobilie verschleudert sehen möchten. Der Autor ist Güterfelder Heimatforscher, Mitglied im Ortsbeirat und SPD-Gemeindevertreter

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