Potsdam-Mittelmark: Würdigung der „Galgenbrüder“
Ausstellung über Christian Morgenstern soll im Jubiläumsjahr 2014 auf der Bismarckhöhe eröffnet werden / Stadt Werder stellt dafür zusätzlichen Platz bereit
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Werder (Havel) - Christian Morgensterns Kneifer, sein Portemonnaie, seine 300 Bücher, ein Selbstbildnis, ein Ölporträt seiner Frau und eine Replik der einzigen Morgenstern-Büste – es sind einmalige Exponate, die ab März 2014 zum 100. Todestag des Dichters in Werder zu besichtigen sein werden. Der Gipsmodell der Bronzebüste war gestern erstmals seit Jahrzehnten bei einer Pressekonferenz zu bewundern, die Bronzebüste selbst ist verschollen.
Der „Freundeskreis Bismarckhöhe“ bereitet eine Dauerausstellung über den Dichter vor, dessen berühmte und oft kopierte „Galgenlieder“ auf Aufenthalte in Werder zurückgehen. Dafür kann man auf Stücke aus dem Nachlass Morgensterns zurückgreifen: Die „Christengemeinschaft“ als Nachlassverwalterin wird sie zur Verfügung stellen, so Kurator Achim Risch gestern im Salon der Bismarckhöhe. Einige der Stücke sollen möglicherweise gekauft werden, vom Gipsmodell der Morgenstern-Büste wird ein neuer Marmorporzellan-Abguss vom Stuckateur Thomas Seyfarth aus Caputh gefertigt.
1895 und 1896 hatte Christian Morgenstern mit acht „Galgenbrüdern“ wiederholt das „Restaurant Galgenberg“ in Werder besucht, der Name muss ihn gereizt haben. Die gruselig kostümierte Zecherrunde bekam schnell eine eigene Ecke zugewiesen: Nach gespielten Henkersritualen trug man sich dort gegenseitig galgenhumorige Lieder vor: Werder wurde zur topografischen Geburtsstätte der ersten „Galgenlieder“. Titel wie „Fisches Nachtgesang“, „Der Seufzer“ oder „Der Lattenzaun“ gehen auf diese Form der Dichtung zurück. Als das Restaurant 1897 in „Bismarckhöhe“ umbenannt wurde, tauchte Morgenstern mit seinen Leuten nicht mehr in Werder auf.
Den Restaurantbau aus seinen Zeiten gibt es nicht mehr, die Bismarckhöhe schon. Der Freundeskreis bemüht sich mit der Stadt Werder seit Jahren um die Belebung der teilsanierten Höhengaststätte – die Stadt mit einem Pächter im Ballsaal, der Verein seit acht Jahren im Aussichtsturm mit seinen Ausstellungsbereichen: Im zweiten Geschoss wird an die Geschichte der Bismarckhöhe erinnert, im dritten befindet sich neben einer Turmgalerie mit wechselnden Kunstausstellungen auch das Morgensternzimmer, in dem bereits in kleiner Form an sein Werder-Kapitel erinnert wird.
Bis 2014 ist geplant, der Morgensternausstellung das komplette dritte Turmgeschoss zur Verfügung zu stellen, so Freundeskreis-Vorsitzender Dieter Mantz. Und das werde für die neuen Ausstellungsstücke auch benötigt. Fachliche Unterstützung für die neue Schau bekommt man unter anderem vom Morgenstern-Experten Reinhardt Habel, dem Herausgeber der einzigen Morgenstern-Gesamtausgabe (1978, Urachhaus-Verlag Stuttgart). Auch deren neunter und damit letzter Band soll im Jubiläumsjahr erscheinen.
Für seine Kunstausstellungen soll der Freundeskreis von der Stadt einen Raum im angrenzenden Seitentrakt des Turms bekommen, der allerdings noch hergerichtet werden muss. Er soll dann „Neue Turmgalerie“ heißen. In diesem Jahr will man sich darum bemühen, die Mittel dafür aufzutreiben, sagte Mantz. Die Vereinsarbeit mit Veranstaltungen und Führungen soll weiterlaufen.
freundeskreis-bismarckhoehe.de
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