Potsdam-Mittelmark: Zahl der Obdachlosen in Werder steigt
Statistik weist in diesem Jahr 20 Fälle aus. Häufig sind Mietschulden der Hindergrund
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Werder (Havel) - Die Zahl der gemeldeten Obdachlosen in Werder hat sich seit dem vergangenen Jahr verdoppelt: Statt 10 sind in der Statistik des Ordnungsamtes 20 Obdachlose vermerkt. Fachbereichsleiterin Ulrike Paniccia erklärte, dass in diesem Jahr auch Familien mit Kindern ihr Dach über dem Kopf verloren hätten. Häufig seien Mietschulden der Hintergrund, meistens Hartz IV-Empfänger betroffen. „Die Leute reagieren nicht, wenn Mahnschreiben kommen, bis schließlich die Räumungsklage läuft.“
Mit dem Jobcenter Maia und der Tee- und Wärmestube des Diakonischen Werks sei das Rathaus zwar gut vernetzt, nicht immer könne aber geholfen werden, so Paniccia. „Für manche Fälle findet sich einfach kein Vermieter.“ So sei es in diesem Jahr besonders häufig dazu gekommen, dass Betroffene in Obdachlosenunterkünfte und Kinder teilweise ins Heim vermittelt werden mussten.
Auch in der Ambulanten Wohnhilfe der Tee- und Wärmestube beobachtet man den Trend. „Das Hauptproblem ist, dass die Leute viel zu lange untätig bleiben“, so Sozialarbeiterin Ulrike Otto. „Sie machen sich falsche Hoffnungen und denken, es wird schon irgendwie gehen.“ Vermieter würden auf der anderen Seite Räumungen im Fall von Mietschulden schneller durchsetzen. Danach sei es häufig schwer, kleine und angemessene Wohnungen für die Betroffenen zu finden – selbst wenn vereinbart wird, dass die Miete direkt von der Maia an den Vermieter fließt.
Laut Otto liefen zunehmend auch Niedriglöhner Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren. Sie beschrieb den Fall einer alleinerziehenden Mutter dreier Kinder, die trotz eines Drei-Schicht-Jobs bei einer Zeitarbeitsfirma die Familie nicht ernähren konnte. „Sie schämte sich, Hartz IV–Zuschüsse zu beantragen.“
Als der Strom abgestellt wurde, habe sie die Wäsche in der Wanne gewaschen und auf der aufgedrehten Heizung getrocknet, so dass die Betriebskosten kletterten. Nach der Räumung seien die Kinder vorübergehend bei den Großeltern untergekommen. Die junge Frau musste aber in eine Notunterkunft, bevor nach zwei Monaten eine Wohnung für die Familie gefunden wurde.
Derzeit würde die Wohnhilfe in Werder 17 Menschen bei der Wiedereingliederung helfen, sagte Otto. Die Obdachlosenunterkunft der Diakonie in Glindow mit drei Plätzen sei durchweg gut belegt.
Ein zunehmendes Problem wird für Sozialfälle in Werder auch der knappe und teure Wohnraum: Die drei großen Wohnungsgesellschaften in Werder haben kaum Kapazitäten frei: Die HGW hat einen Leerstand von kaum zwei Prozent, die beiden anderen Genossenschaften gar keinen.
Die angemessenen Unterbringungskosten für Alg II-Empfänger liegen bei 4,75 Euro pro Quadratmeter, die Durchschnittsmiete für Sozialwohnungen in Werder laut Rathausangaben bereits bei 4,64 bis 5,27 Euro. Henry Klix
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