Potsdam-Mittelmark: Zeit für Geben und Nehmen
An Teltows Realschule und der Stahnsdorfer Gesamtschule soll es keine 7. Klassen geben – oder man einigt sich
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An Teltows Realschule und der Stahnsdorfer Gesamtschule soll es keine 7. Klassen geben – oder man einigt sich Von Peter Könnicke Teltow. Die Situation der weiterführenden Schulen in Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow avanciert zu einer Nagelprobe für den Gehalt der regionalen Zusammenarbeit. Die geringe Zahl der Erstwünsche künftiger Siebtklässler für einen Besuch an der Stahnsdorfer Lindenhof-Gesamtschule sowie an der Realschule in Teltow bringen beide Häuser in eine prekäre Lage. Die 26 bzw. 28 Bewerber reichen nicht aus, um zwei 7. Klassen zu eröffnen. Dies jedoch schreibt das brandenburgische Schulgesetz für einen geordneten Schulbetrieb vor. Die Konferenz der Schulräte hat am Dienstag die notwendige Konsequenz gezogen: An beiden Schulen sollen im kommenden Schuljahr keine 7. Klassen eröffnet werden. Auch für das übernächste Schuljahr ist keine Besserung in Sicht. Nach gegenwärtigen Kenntnissen werden dann nur 268 Sechstklässler an die weiterführenden Schulen der Region wechseln – nochmals zehn weniger als im kommenden August. Erst dann – und das macht die jetzt zu treffenden Entscheidungen so schwierig – werden sich die Klassenzimmer an den Gesamt- und Realschulen wie auch an den Gymnasien wieder füllen. Schon in zwei Jahren wird mit 350 Schülern gerechnet, die an die weiterführenden Schulen in Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow anklopfen. Dann müssen jene Schulen funktionieren, in denen heute Unterrichtsräume leer bleiben. „Die Durststrecke gilt es zu überbrücken“, weiß Regionalschulrat Frank Quella. Wie, sei Sache der Kommunen und des Landkreises. „Sie müssen sich einigen“, sagt Quella, das Staatliche Schulamt habe „keinen Spielraum“. Vier Züge an der Gorki-Schule Es ist eine Sache von Geben und Nehmen, Verzicht und Rettung. Das Loch an der Stahnsdorfer Lindenhof-Gesamtschule könnte gestopft werden, wenn an der Kleinmachnower Gorki-Schule auf den derzeit dritten Klassenzug verzichtet wird und Schüler abgegeben werden. Das Problem: Die Gorki-Schule verfügt über eine gymnasiale Oberstufe, für die gleichfalls zwei Züge vorgeschrieben sind. Die 11. Klassen rekrutieren sich aus den Gorki-Gesamtschülern – je mehr es diese gibt, desto sicherer die Abitur-Klassen. Daher ist man im Kleinmachnower Gemeindeamt eher an drei Klassenzügen interessiert, anstatt sich des Potenzials zu beschneiden. „Wir wollen unsere drei Züge durchziehen“, bestätigt Kleinmachnows Fachbereichsleiter Ekkard Dehne gegenüber den PNN. Es könnte sogar ein vierter Zug dazu kommen: Das Staatliche Schulamt beabsichtigt, die wenigen in Stahnsdorf angemeldeten Schüler der Gorki-Schule zuzuweisen. Schüler aus Kleinmachnow zu bekommen, sieht Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) momentan indes als „einzige Alternative“. Werde der Beschluss der Schulräte-Konferenz umgesetzt, gebe es an der Lindenhof-Schule im Schuljahr 2006/07 sowohl keine 7. wie auch keine 8. Klassen. „Das können wir uns nicht leisten“, schüttelt Enser den Kopf. Bereits vier Jahren wurde der Gemeinde als Träger die Lindenhof-Gesamtschule die Ausnahme gewährt, keine 7. Klasse einzurichten. Seitdem fehlt ihr ein kompletter Jahrgang. Schon heute kostet das einen jährlichen Gemeindezuschuss von 120 000 Euro. Mit weiteren Einschnitten die Schule wie gewohnt zu betreiben, ohne den erforderlichen Ausgleich zu bekommen, sei unmöglich. Für das Lehrerkollegium an der Stahnsdorfer Schule habe jede der drei Gesamtschulen der Region eigenständige Profile entwickelt, auf die nicht verzichtet werden sollte. Die Lindenhof-Gesamtschule Stahnsdorf als einzige Ganztagsschule habe dabei ebenso ihre Berechtigung wie die Gesamtschule Teltow mit dem Schwerpunkt der Integration und die Maxim-Gorki-Gesamtschule Kleinmachnow mit Sekundarstufe 2. Das Stahnsdorfer Haus für die kommenden Schuljahre nicht mehr anzubieten, wäre ein Verlust an regionaler Bildungsvielfalt. Gymnasiasten an die Realschule? Auch in Teltow treibt Schulressortleiter Michael Belkner die Entwicklung Sorgenfalten auf die Stirn. „Es ist gefährlich zu versuchen, die Schulen ohne 7. Klassen über Wasser zu halten.“ Mit Blick in die Zukunft, in der die Grundschulen der Region und kurze Zeit später die weiterführenden Bildungsschmieden boomen werden, mahnt auch er vor Entscheidungen, die das Aus der Schulen bedeuten könnten. Belkner warnt vor einem fahrlässigen Umgang mit der Realschule, deren Bildungsprofil in der Region einmalig sei. Sie jedoch dadurch zu stärken, indem das Teltower Kant-Gymnasium auf zwei Züge reduziert wird und die Schüler an der Realschule lernen zu lassen, erscheint Belkner undenkbar. „Blanke Theorie“ sei diese im Staatlichen Schulamt vage angestellte Überlegung. „Wer sich am Gymnasium anmeldet, tut das mit gutem Grund“, schließt Belkner aus, dass für potenzielle Gymnasiasten der Gang zur Realschule eine Alternative sein könnte. Inzwischen habe die Leitung der Teltower Realschule angemeldeten Schülern und deren Eltern Absagen erteilt. Die Reaktion: Proteste. Vor allem die Fachoberschulreife als Lernziel der Realschule bedeutet für viele Interessenten ein Gütesiegel der Schule. „Was soll nun mit den angemeldeten Schülern werden?“, fragten gestern die Elternvertreter der Realschule. „Eine Abwanderung nach Berlin?“ „Politischen Druck“, nennt Belkner als einzige Chance, um die Schulstandorte in Stahnsdorf und Teltow zu sichern und vor einem schleichenden Tod zu bewahren. Und er hofft, „dass man sich arrangiert“. Eine erste Möglichkeit dazu haben am kommenden Montag die drei Bürgermeister, wenn sie sich über die weitere Schulentwicklungsplanung der Region verständigen.
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