KulTOUR: Zeit zu nehmen heißt leben
Liedprogramm von Anke Bolz und Thomas Rottenbücher im Caputher „Haus der Klänge“
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Schwielowsee - Wie der Wind jüngst draußen pfiff, so sollte auch das Liedprogramm von Anke Bolz und Thomas Rottenbücher im Caputher „Haus der Klänge“ werden. Notabene hieß es schließlich „welcome to the storm“. Völlig rätselhaft, wie Christine Rasch und Jürgen Motog das hingekriegt hatten. Lorbeeren für das Gesangs- und Instrumentalduo aus dem Belziger Raum vorweg lockten einige Zuhörer an, ein Ehepaar aus der Nachbarschaft wusste gar nicht, dass es nebenan so etwas Schönes gibt.
Unsereiner schon: Angenehme Atmosphäre, die legendären Hauspantoffeln für alle, dazu die hohe Kunst der Gastfreundschaft – willkommen im Sturm, der aus dem Innern weht und mancherlei bewegt. Derselbe ließ auch gar nicht lange auf sich warten. Carina Eckes englischsprachiger „Song of Mother Earth“ eröffnete diese Wetter der Seele mit einem frischen, von lebhafter Gitarrenbegleitung unterstützten Duett, worin die beiden Vokalstimmen alternierten. Sie mit einem eher dunklen Sopran voll heller Tupfer, er mit der Unisono-Kraft des an nordamerikanischer Folklore und Songwriter-Tradition geschulten Ausdrucks. Im nächsten Lied wurden die Rätsel der menschlichen Existenz selber bemüht. Alles kommt und geht zu seiner Zeit, sang Anke Bolz, die in Belzig selbst ein Klangstudio hat, alles hat seine Zeit, das Schweigen und das Sprechen, das Sterben, der Tod: „Zeit zu nehmen heißt zu leben.“
Die Musik stammt von dem Münsteraner Karl Adamek. Er will das Singen als Teil der Alltagskultur in Deutschland wieder beleben, beschäftigt sich aber auch mit Mantren, daher dieser innere Ton. Von solchem Schlag war noch manches, auch Selbstgeschriebenes, zu hören, das leise Lied von der Suche nach dem Stein der Weisen etwa, worüber einer alt geworden war. Kraft eines Zauberwortes fängt die Welt dann trotzdem noch zu singen an. Schlicht, hübsch.
Zweistimmig erklang die alte flämische Weise von der Tochter „Isabell“, neu arrangiert für ein Steeldrumm, wie man es auf Trinidad baut. Genauso elegisch die „Impression aus Ägypten“, von Thomas Rottenbücher mit orientalischen Harmonien auf einer Geige begleitet. Weitere Titel im etwas zermischten Programm zwischen Mutter Erde und Christengebet – man wurde mit dem vertraulichen „Ihr“ angeredet – stammten von Sting, Towns van Zandt und von ihm selbst, so jenes, das den Menschen als Gast und Wanderer in einer Welt von Träumen und Wundern beschreibt – „ob gut, ob schlecht, wir wissen“s nicht.“
Jeder der beiden hatte seinen unverkennbaren Ausdruck, zusammen aber war es jedes Mal ein zusätzlicher Gewinn – wenn auch selten so stürmisch wie angekündigt. Thomas Rottenbücher gab sich sich dann auch noch selbstironisch als „trauriger älterer Herr mit hoffnungslosen Liedern“ zu erkennen. Aus dem 68er Umfeld stammend, zieht man wohl seine eigene Lebensbilanz. „Komplett hoffnungslos“, aber mit das Beste des Abends, war die Geschichte vom göttlichen „Masterplan“, dem man wohl niemals erkennt und die zweisprachige Story eines kanadischen Holzfällers, der sich in eine windige Striptease-Tänzerin verliebt. Zuletzt fährt er zurück in den Wald, im Kofferraum sie – tot, lebendig?
Die neue, einem Bild des begnadeten Komponisten Leonardo nachgebaute Pferdehals-Laute an der Wand (Teil der umfangreichen Instrumentensammlung des Hauses) gab jedenfalls keine Antwort. Man saß dann noch und redete beim guten Weine weiter –Zeit zu nehmen eben ist Zeit zu leben.
Im Internet unter:
www.haus-der-klaenge.de
Gerold Paul
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