KulTOUR: Zeitgenossen – Jahreszeiten
Musizierfreude in Michendorf soll sich auf größeres Publikum übertragen
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KulTOURMusizierfreude in Michendorf soll sich auf größeres Publikum übertragen Michendorf - Am musikalisch-kulturellen Engagement von Beelitz oder Caputh gemessen, war die Gemeinde Michendorf bisher eher ein weißer Fleck. Das solle so nicht bleiben, befand der Gemeindekirchenrat. Die Konzerte in der Ende des 18. Jahrhunderts gebauten Kirche sollen wirksamer präsentiert und beworben werden, um mehr Gäste zu locken. Am Sonntag wurde nun das neue Kapitel Michendorfer „Kulturgeschichte“ aufgeschlagen, unaufwändig von engagierten Musikern auf Flöten und Gitarren innig vorgetragen, freundlich entgegengenommen von vielen Gästen aus dem Ort. Die Interpreten kennen sich teils länger als zehn Jahre. Alle hätten, wie Annette Gerlach von der Kirchengemeinde vorab mitteilte, „langjährige Konzerterfahrung“. Jedenfalls war ihnen die Freude am gemeinsamen Musizieren anzumerken, mithin an einer Literatur, welche nicht jedermann bekannt sein dürfte. Formal war ein Quintett mit wechselnder Instrumentierung zu erleben: Vier spielten Gitarre, doch hörte man in der erfrischend unkomplizierten Stunde auch mal zwei Flöten zu einer Dreier-Gitarrenbesetzung oder ein Duett der Zupfinstrumente. Diese Neuheit einzuläuten, bewegten sich die hellen Glocken des Fachwerkturms ziemlich eifrig und lange. Fünf Kerzen waren am schlichten Altar vor dem kleinen Holzkreuz angezündet, zehn Fenster brachten nachmittägliche Helle in den sachlich-nüchternen Raum, vorn die Michendorfer Organistin Elke Pilz und ihre Gäste, Annekathrin Grambow (Klocksdorf) sowie Ulrike, Pauline und Daniel Pienkny aus dem berühmten Lobetal. Letzterer führte auch mit humoriger Conference durch das Programm, etwa so: „Wir spielen jetzt etwas, von dem wir nicht wissen, ob wir“s noch können. Hinterher wissen wir es“. Es war also flockig gefügt und ungefähr nach dem „Zeitgenossen“-Prinzip aufgebaut: Nach kleineren Vorspielen hörte man eine fünfteilige „Studenten Music“ des in seinen Tagen populären Komponisten Johann Rosenmüller (1620-1684) für zwei Flöten mit Gitarrenbegleitung, die in ihrem Ton an italienische Vorbilder erinnerte. Stimmiger Gleichklang, langsame Gangart, viel Melodie, wenig Temperament. Er ließ dieses Opus im Jahr 1654 zum ersten Mal aufführen, jenseits seiner eigenen Studierzeit. Nach einer Fugette seines Fast-Zeitgenossen Händel für zwei Gitarrenstimmen ging man mit „Nun will der Lenz uns grüßen“ und weiteren Stücken, zu denen sich später zwei Ständchen über das Thema „Löwenzahn“ und „Primel“ hübsch gesellten, jahreszeitlich weiter. Zeitgenössisches schloss sich mit Werken von Maria Linnemann (geb. 1948), Leslie Searle und dem niederländischen Gitarrenlehrer Pieter van der Staak (geb. 1930) an, von dem man erfuhr, dass er absichtlich „Stolpertöne“ in seinen Kompositionen versteckt haben soll, der Hörer somit nicht wisse, ob die Musik „falsch“ sei, oder ob die Interpreten den rechten Ton nicht trafen. Vielleicht war das nur eine Schnurre. Nachdem man mit dem an New Age erinnernden Lied „Freut euch der schönen Erde“ derselben Tribut gezollt, machten sich die Instrumentalisten selbst zu „Zeitgenossen“, indem nun, etwas launig, „unwichtige Musik, aber zum Wegschmeißen zu schade“ angekündigt wurde, die man aber gern spiele. Zählte hierzu, neben anderen kurzen Parts, etwa auch „Kein schöner Land“ beim ruhigen Finale? Guter Beifall mit Zugabe, je ein Blümchen für die Künstler und der Wunsch, dass die Kollekte wenigstens die Kosten fürs Retour decken möge. Diese Art von Konzertieren könnte schon so weitergehen.
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