Potsdam-Mittelmark: Zerrüttetes Verhältnis
Prozess um getötetes Neugeborenes in Glindow: Ex-Partner und dessen Mutter belasten geständige Angeklagte vor Gericht
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Potsdam/Werder (Havel) - Die Familie zerrüttet, die Probleme verschwiegen: Im Prozess gegen eine junge Mutter, die in Glindow ihr Neugeborenes getötet hatte, sind schwere Vorwürfe erhoben worden. Am gestrigen Donnerstag sagten vor dem Potsdamer Landgericht der Ex-Partner von Kathleen B. und dessen Mutter als Zeugen aus.
„Ich kann die Tat bis heute nicht verstehen und begreifen“, sagte der 37-jährige Ex-Freund. Nachdem die Babyleiche gefunden wurde, wollte er nichts mehr mit der Mutter zu tun haben. Gemeinsam haben sie einen sechsjährigen Sohn, der derzeit bei ihm lebt. Das Verhältnis des Paares sei schon früh zerrüttet gewesen, berichtet der Mann im Zeugenstand: „Das Vertrauen war bereits nach dem Baustart unseres Hauses zerstört.“ Seine Freundin habe ihn nicht nur bei der Schwangerschaft belogen, sondern auch beim Ausbau des Hauses hintergangen. Das Paar wollte zur Geburt des ersten Kindes seinen spärlichen Bungalow mit nur einem 15 Quadratmeter großen Zimmer und einer Küche vergrößern.
„Wir hatten vereinbart, dass sie mit ihrem Bausparvertrag den Ausbau finanziert.“ Der Partner hatte dafür kein Geld, da er damals sein neues Auto abbezahlen musste. Als die ersten Mahnungen der Baufirmen kamen, habe er festgestellt, dass sie gar keinen Bausparvertrag hatte. „Sie hat Kontoauszüge gefälscht, um zu zeigen, dass sie das Geld besitzt“, sagte der Ex-Freund.
Wie berichtet muss sich Kathleen B. aus Brandenburg/Havel seit vergangenem Montag wegen Totschlags vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Ihr wird vorgeworfen, ihr Neugeborenes im vergangenen Oktober erstickt zu haben. Die Frau hat die Tat gestanden. Nachdem sie ihre Schwangerschaft verheimlichte, brachte sie ihr Kind im Badezimmer alleine auf die Welt, stopfte ihm Toilettenpapier in den Mund und legte es anschließend auf den Kompostierer im Garten. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren.
Auch die Mutter des Ex-Partners erhob schwere Vorwürfe gegen die Angeklagte: Sie soll der Familie mehrfach Geld gestohlen haben. Unter anderem hätten auf dem Konto der Großmutter mehr als 1 000 Euro gefehlt, das Geburtstagsgeld der Mutter sei verschwunden und eine Dose mit Euro-Münzen sei auch geleert worden, berichtete die Zeugin vor Gericht.
Gab es in der Familie Probleme, wurden sie offenbar unter den Tisch gekehrt und nicht weiter besprochen. Das wird durch die Schilderungen der Zeugen deutlich. Warum die Angeklagte das Geld gestohlen haben könnte, darüber machte man sich in der Familie keine Gedanken. Kathleen B. habe sich entschuldigt, damit sei die Sache geklärt gewesen, so die Mutter des Ex-Partners.
Unklar blieb am Donnerstag auch, warum die Mutter und der Ex-Freund trotz des Verdachts auf eine Schwangerschaft nicht das Gespräch mit der Angeklagten suchten. „Sie sagte, dass sie bei ihrem neuen Job viel sitzen würde und daher zugenommen habe“, berichtete die Mutter. Zudem habe ihr Kathleen B. versichert, dass sie verhüte. Daraufhin habe sie nicht weiter nachgefragt. Die gleiche Erklärung habe sie auch ihrem Ex-Freund gegeben: „Ich habe sie mehrmals auf eine Schwangerschaft angesprochen, aber sie hat immer verneint.“ Er habe sie nicht an den Haaren zum Arzt ziehen und zu nichts zwingen wollen, fügte er hinzu.
Der Ex-Freund indes verstrickt sich bei seinen Aussagen in Widersprüche: Trotz seines Verdachts will er den wachsenden Bauch nicht gesehen haben. Das Paar schlief in einem Bett. Intim sei man Monate vor der Tat nicht mehr gewesen, sagte er. „Sie lehnte das ab.“
Von der Angeklagten zeichnen die Familienmitglieder das Bild einer zurückgezogenen Frau. Ob sie eigene Freunde hatte, wussten sie nicht. „Man hat ihr alles aus der Nase ziehen müssen“, so der Ex-Freund. Ab und an habe sie sich über die beengten Wohnverhältnisse beklagt. Die Nähe zur Familie des Ex’, dessen Mutter, Großmutter, Tante und Onkel auf dem Glindower Grundstück wohnen, habe Kathleen B. nie gestört. Sie habe nicht den Eindruck gemacht, mit dem Kind, dem Job und dem Haushalt überfordert zu sein, sagten die Zeugen.
Das Gericht hat noch weitere drei Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte am 31. Juli gesprochen werden.
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