Aus dem GERICHTSSAAL: Zeuge: „Ick fühlte mir bedroht!“ Nachbarschaftszoff als Hintergrund – Freispruch
Aus dem GERICHTSSAAL Werder - Die Anklage klingt böse. Wolf W.
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Aus dem GERICHTSSAAL Werder - Die Anklage klingt böse. Wolf W. (46), der von der alteingesessenen Petzower Nachbarschaft gehasste, zugezogene Wessi, soll am 7. August 2003 mit seinem Geländewagen absichtlich auf den stark gehbehinderten Herbert H. (64) zugefahren sein. Der Rentner, dem beim Vorbeibrausen des Jeeps „beinahe die Zähne aus dem Mund fielen“, habe sich nur durch einen Sprung zur Seite retten können. „Alles Lüge“, kommentiert der wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr Angeklagte. Als Flugkapitän läge ihm schon von Berufs wegen die Sicherheit der Menschen am Herzen. Die Anzeige des Herbert H. sei nur ein neuer Versuch der Nachbarschaft, ihn in die Pfanne zu hauen. In der Tat beschäftigt jener Streit nicht zum ersten Mal die Gerichte. Erst habe ihm ein Anwohner mit einem Knüppel das Handgelenk gebrochen. Ein anderer habe gedroht, seinen Hund mit der Mistgabel aufzuspießen. Jetzt vergraule man ihm die Nutzung seines Bootssteges, der plötzlich allen zugänglich gemacht werden soll, ergrimmt sich Wolf W. Er sei Opfer, nicht Täter und sitze nur deshalb auf der Anklagebank, weil er „mit falschen Anschuldigungen überzogen“ werde. Richtig sei, dass der Dackel von Herbert H. an jenem Vormittag mitten auf der Straße hockte, als er mit seinem Nissan zum Flughafen Schönefeld wollte. Vorsichtig habe er den Hund umrundet, sei dann in gebührendem Abstand und Schrittgeschwindigkeit an dessen Herrchen vorbeigefahren. Der Wessi habe ihm mal wieder zeigen wollen, wer hier das Sagen hat, grollt indes Herbert H. im Zeugenstand. Den lebensrettenden Sprung an den Gartenzaun glaubt man dem an zwei Stöcken Laufenden allerdings schwerlich. „Na ja, ick machte vor Schreck einen schnellen Schritt“, relativiert der zu 90 Prozent Behinderte. „Der kam ja auch anjepfiffen wie der Teufel.“ Es war das von der Tochter des Zeugen in höchst dramatische Worte gekleidete vermeintliche Handeln von Wolf W., das den Staatsanwalt auf den Plan rief. „Ick war früher bei der LPG. Meine Tochter kann nun mal besser formulieren“, brummt der Mann. So ist in der schriftlichen Aussage die Rede von „purer Angst im Nacken, Staub und Steinen, die ihm um die Ohren flogen, einem Hund, der vor Schreck jaulte“. „Mein Dackel hat gejault, aber nur, weil ick ihn energisch an der Leine zu mir jezogen habe“, stellt Herbert H. nun klar. Dass der Angeklagte gezielt auf ihn zugefahren sei, glaube er – trotz aller Animositäten – allerdings nicht. „Aber genau das ist der Punkt, weshalb wir heute hier sitzen“, stöhnt Amtsrichterin Judith Janik entnervt. Herbert H. entgegnet: „Ick fühlte mir bedroht.“ Laut Straßenverkehrsordnung solle man an Menschen nach Möglichkeit in einem Abstand von 1,50 Metern vorbeifahren. Dies habe Wolf W. wohl nicht eingehalten, glaubt die Staatsanwältin. Dennoch könne man dem Flugkapitän weder die angeklagte versuchte Körperverletzung noch den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nachweisen. Das Gericht sieht das ebenso. Freispruch für Wolf W. (*Namen geändert.) Hoga
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