
© Johanna Bergmann
Abwasserentsorgung in Potsdam-Mittelmark: Zöpfe aus Toilettenpapier
Beim Wasserversorger MWA häufen sich Probleme mit Abwasserpumpen, die von feuchtem Papier zugesetzt werden. Das kann im Haushalt üble Folgen haben.
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Es stinkt gewaltig an der Pumpstation in Güterfelde. Wo das Abwasser in einem mehrere Meter tiefen Kanal im Normalfall von zwei großen Pumpen von den Haushalten ins Klärwerk gepumpt wird, ist am Mittwochmittag alles trockengelegt. Die schützende Wasserschicht fehlt, die die Dämpfe der Kanalisation sonst in den Rohren hält. „Wir reinigen hier die Pumpen, die direkt im Wasser aufgestellt sind“, sagt Bernd Zindel, Meister für abwassertechnische Anlagen bei der Mittelmärkischen Wasser und Abwasser GmbH (MWA). Einmal im Monat muss so eine Pumpstation gespült werden, damit sich die Pumpen nicht zusetzen und ausfallen.
Am heutigen Freitag ist der internationale Tag des Toilettenpapiers – er wurde eingeführt, um an die Bedeutung des Alltagsgegenstandes zu erinnern. Und tatsächlich: Die Papierwahl kann die Abwasserpumpen stark beeinflussen. „Seit einigen Jahren haben wir immer mehr Ausfälle, weil die Menschen verstärkt feuchtes Toilettenpapier benutzen“, so Zindel. Das Problem: Das feuchte Papier ist so verarbeitet, dass es auch nass noch reißfest ist. Dadurch zerfalle es jedoch in der Kanalisation nicht, sondern verbinde sich zu Zöpfen, die dann in den Pumpen stecken bleiben und für ihren Ausfall sorgen.
Etwa 300 Euro kostet der Personal- und Materialeinsatz dann jedes Mal, um das Abwasser wieder fließen zu lassen – Kosten, die am Ende alle Kunden der MWA tragen müssen. Dabei hat die Gesellschaft eine eigene Werkstatt, ihre zehn Monteure können die Pumpen selbst reparieren – sonst wären die Einsätze Meister Zindel zufolge noch teurer.
Appell: Normales statt feuchtes Toilettenpapier
Wie oft eine Pumpe verstopft, sei sehr unterschiedlich und nicht zu beziffern. So lange die Hersteller es nicht schafften, abbaubares feuchtes Toilettenpapier herzustellen, sollten die Verbraucher deshalb lieber normales benutzen, appelliert Bernd Zindel, der seit 1986 für die Abwasserentsorgung in der Region zuständig ist. Auch Küchenpapier gehöre nicht in die Toilette, es ist meist ebenfalls reißfest und zersetze sich nicht.
Die zehn Monteure, die bei der MWA in der Teltower Region, in Nuthetal und in Michendorf im Einsatz sind, erhalten im Ernstfall Störmeldungen auf ihr Handy. Dann entscheiden sie, ob die Störung sofort behoben werden muss. In den 144 Pumpstationen ist die Technik meist doppelt vorhanden. Sie liegen in Senken; durch das natürliche Gefälle läuft das Wasser von den Häusern zu den Stationen und wird von dort zum Stahnsdorfer Klärwerk geleitet, das der Berliner Stadtreinigung gehört. Von Teltow und Kleinmachnow aus werden dabei Druckrohre mitbenutzt, die aus Berlin-Wilmersdorf kommen. Aus Nuthetal und Michendorf wird die Leitung vom Potsdamer Süden nach Stahnsdorf mitgenutzt. Die Pumpen arbeiten dabei in Intervallen: Wird in der Station ein bestimmter Wasserstand erreicht, schaltet ein Sensor die Maschinen ein. Tagsüber wird fast die ganze Zeit gepumpt, wie man anhand der Computerstatistik sehen kann. Zwischen 0.30 und 6.30 Uhr herrscht dagegen weitgehend Ruhe.
Wenn doch einmal beide Pumpen einer Station ausfallen sollten, werde es für die Anwohner ungemütlich, sagt Sachgebietsleiterin Ute Griesbach. Eigentlich solle jedes Haus mit einer Rückstausicherung ausgestattet sein, doch viele hielten sich nicht daran. „Dann kann es im schlimmsten Fall passieren, dass das Abwasser im Haus aus den Leitungen hochdrückt.“ Auch aus dem Waschbecken.
Windeln und Strümpfe in der Kanalisation
Griesbach, seit 1984 im Geschäft, ist immer wieder entsetzt, wenn sie von den Monteuren erfährt, was alles in der Kanalisation gefunden wird: Von Windeln über Strümpfe bis hin zu den Beuteln, die Menschen mit künstlichem Darmausgang tragen müssen, sei schon alles da gewesen.
Doch die Pumpen sind nicht nur durch solche Verschmutzungen belastet: Eigentlich wird das Regenwasser von Grundstücken und Straßen in gesonderten Kanälen aufgefangen. Bei den Starkregenfällen wie zuletzt am 27. Juli jedoch fließen Wassermassen durch vorgeschriebene Belüftungslöcher in die unterirdischen Pumpstationen. Um sie wieder herauszubekommen, müssen alle Pumpen auf Volllast laufen. Dabei kann es zu Überlastungen und Lagerschäden kommen, die zum Ausfall der Pumpe führen. Um solche Ausfälle zu minimieren, können die Monteure in der Steuerungstechnik sehen, ob eine Pumpe einen höheren Stromverbrauch hat als üblich – ein Zeichen für hohen Verschleiß. Dann kann sie vorsorglich überholt werden. Außerdem ersetzt die MWA Zindel zufolge alte Pumpen zunehmend durch solche, die auch größere Stoffe durchlassen – notgedrungen.
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