Potsdam-Mittelmark: Zu klein, zu billig
Wohnungsunternehmen haben Probleme mit der Wohnraum-Bemessungsgrenze für Alg-II-Empfänger
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Wohnungsunternehmen haben Probleme mit der Wohnraum-Bemessungsgrenze für Alg-II-Empfänger Von Andrea Röder Potsdam-Mittelmark - Hat sich der Landkreis mit seinen strengen Wohnraum-Richtlinien für Alg-II-Empfänger selbst ein Bein gestellt? Die vom Kreistag im Dezember 2004 mit knapper Mehrheit beschlossenen Wohnraumobergrenzen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger (PNN berichteten) bereiten den Wohnungsunternehmen jedenfalls erhebliches Kopfzerbrechen. „Wir wissen nicht, wie wir den Anforderungen gerecht werden sollen“, sagte die Geschäftsführerin der Haus- und Grundstücksgesellschaft Werder (HGW), Manuela Aßmus, den PNN. Den Richtlinien entsprechende Wohnungen habe ihr Unternehmen „überhaupt nicht im Bestand“. Für Alleinstehende hat der Kreistag 45 Quadratmeter, für Paare 59, für dreiköpfige Familien 70 und für Vier-Personen-Haushalte 80 Quadratmeter als Obergrenzen festgelegt. Allgemein seien kleine Wohnungen viel gefragter und seltener verfügbar, betonte die HGW-Geschäftsführerin. Größere Wohnungen wären dagegen zwar vorhanden, würden aber erfahrungsgemäß kaum nachgefragt. Ein weiteres Problem ergibt sich durch die Mietpreise. Der festgelegte Maximalpreis für Warmmieten von 5,51 Euro pro Quadratmeter sei laut Aßmus „nicht einmal bei staatlich geförderten Wohnungen realisierbar“. Wohnungen der HGW würden grundsätzlich über dem für Hartz-IV-Betroffene geforderten Satz liegen. „Wir können deshalb aber nicht unsere Mieten herabsetzen“, so die Geschäftsführerin. Konsequenz wäre vielmehr, „dass wir die Bewerber wegschicken müssen“. Ebenso würde es Alg-II-Empfängern im Stahnsdorfer Raum ergehen, allerdings aus einem anderen Grund. Die vergleichsweise kleine Wohnungsgesellschaft hat derzeit keine leeren Wohnungen im Angebot. „Wir könnten die Hartz-IV-Betroffenen gar nicht auffangen“, sagte eine Service-Mitarbeiterin. Auch bei der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (GeWoG) Kleinmachnow sei „im Moment nichts frei“, wie Hausverwaltung-Chefin Jana Preßler, erklärte. „Unsere Wohnungen passen nicht in den geforderten Rahmen.“ So übersteige selbst die kleinste Einraumwohnung der GeWoG mit 48 Quadratmetern deutlich die Bemessungsgrenze. Nach passenden Wohnungen „ganz schön suchen“ muss auch die Teltower Wohnungsbaugenossenschaft (TWG), wie Sachbearbeiterin Kerstin Feldmann erklärte. Für Leerstände zuständig, kennt sie die Situation genau und beklagt, „für uns ist es ganz schwierig, unter dem Limit zu bleiben“. Die maximalen Warmmietpreise für Hartz-IV-Betroffene seien so weit unten festgelegt worden, „dass wir sie nicht erfüllen können“. Das Problem ist auch der Beelitzer Bau- und Wohnungsgesellschaft (BeBaWo) bekannt: Selbst wenn Wohnungen in den entsprechenden Größen angeboten werden können, übersteigt der Mietpreis die festgelegte Grenze. Mehrfach hat Wohnungsverwalterin Birgit Güttler bereits Alg-II-Empfängern passende Wohnungen in Beelitz vermittelt. Deren Anträge auf Förderung wurden allerdings abgelehnt, weil die Warmmiete zu hoch war. „Für 5,51 Euro pro Quadratmeter haben wir aber keine Wohnung im Angebot“, so Güttler. Bislang halten sich die Wohnungsanfragen von Hartz-IV-Betroffenen im Landkreis in Grenzen. Es sei noch nicht klar, in welchen Gemeinden die Nachfrage besonders groß sei, sagte Bernd Schade, Leiter der Mittelmärkischen Arbeitsgemeinschaft für Integration in Arbeit (Maia). Deshalb erarbeiten seine Mitarbeiter derzeit eine Dokumentation, die die Situation so genannter Bedarfsgemeinschaften im Kreis ausführlich beleuchte. Konkrete Zahlen sollen Ende Februar vorliegen – vor der Kreistagssitzung am 3. März. Die mittelmärkischen Wohnraum-Bemessungsgrenzen waren im Dezember auf Antrag der CDU in geheimer Abstimmung beschlossen worden und sind die strengsten im Land Brandenburg. Als Argument führten die Christdemokraten an, dass angesichts eines 11-Millionen-Defizits im Kreishaushalt Abstriche bei den sozialen Standards unumgänglich wären. Scharfe Kritik daran übte die PDS: „Wenn die konkreten Zahlen vorliegen, werden wir beantragen, die Wohnraum-Bemessungsgrenzen der Realität anzupassen“, kündigte die Vorsitzende des Sozialausschusses, Astrid Rabinowitsch, an. Auch die Bündisgrünen haben bereits öffentlich gefordert, der Kreistag möge seine „fatale Fehlentscheidung“ zurücknehmen. Die SPD will noch abwarten, bis gesicherte Angaben zur Wohnraumsituation der Alg-II-Empfänger vorliegen. Angesichts der Diskussionen hatte Maia-Chef Schade den Betroffenen empfohlen „nicht in Panik zu verfallen“.Vorerst habe jeder Anspruch auf Erstattung der derzeitigen Mietkosten. Auch könnten Alg-II-Empfänger nicht einfach auf die Straße gesetzt werden, solange es keinen alternativen Wohnraum gebe.
Andrea Röder
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