zum Hauptinhalt
Gewalt in der Familie. Das Landratsamt will die Mittelmärker für dieses Thema sensibilisieren.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Zuflucht in der Not

Häusliche Gewalt an Frauen und Kindern: Immer mehr Opfer aus Mittelmark suchen Hilfe und Beratung

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder bleibt auch in Potsdam-Mittelmark ein brisantes Thema. Darauf wurde am Donnerstag auf einer Pressekonferenz im Landratsamt aufmerksam gemacht. Die Zahl der Frauen, die Beratung und Schutz suchen, sei steigend, sagte die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Ines Angelika Lübbe. Eine eigene Zufluchtsstätte für Betroffene gibt es in Potsdam-Mittelmark nicht, seit Jahren pflege man jedoch laut Landrat Wolfgang Blasig (SPD) auf diesem Gebiet eine gute Zusammenarbeit mit den Frauenhäusern in Potsdam und Brandenburg/Havel.

So ist das Autonome Frauenzentrum in Potsdam die erste Anlaufstelle für in Not geratene Frauen aus den Regionen Teltow, Werder (Havel), Michendorf und Beelitz. Dort wurden im vergangenen Jahr 174 mittelmärkische Frauen beraten, im Jahr 2003 lag die Zahl laut einer vorliegenden Statistik noch wesentlich niedriger bei 45. „91 Prozent der Frauen, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, haben aktuell oder in der Vergangenheit Gewalt erlebt“, sagte Heiderose Gerber von der Geschäftsstelle des Frauenzentrums. 19 Prozent der Frauen haben Gewalt sowohl in ihrer Kindheit als auch als Erwachsene erlitten.

Auch etwa ein Drittel der 110 Frauen und Kinder, die 2011 zeitweilig im Potsdamer Frauenhaus oder in den beiden Zufluchtswohnungen lebten, kamen aus Mittelmark. In Brandenburg/Havel wurden in diesem Jahr bereits 32 Frauen und 27 Kinder aus dem Landkreis aufgenommen – Tendenz steigend. Vor allem für Kinder, die nicht aus Potsdam kommen, ist der Aufenthalt im Frauenhaus jedoch eine schwierige Situation: Sie müssen ihr gewohntes Umfeld verlassen, einen Schul- und Kitawechsel verkraften und viele Vertrauensbeziehungen werden abgebrochen.

Nach wie vor gebe es im Bereich der häuslichen Gewalt grundsätzlich eine erhebliche Dunkelziffer, so Gerber. Viele Frauen haben nicht den Mut, um Hilfe zu bitten. In einer Studie des Bundesfamilienministeriums werde sogar davon ausgegangen, dass 40 Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren.

„Die Ursachen häuslicher Gewalt können vielseitig sein“, weiß die mittelmärkische Gleichstellungsbeauftragte aus vielen persönlichen Kontakten mit Opfern im Landkreis. „Arbeitslosigkeit, Mobbing im Betrieb, Probleme mit pflegebedürftigen Angehörigen oder negative Kindheitserfahrungen können die Auslöser sein.“ Leider werde auch in der Nachbarschaft noch zu oft weggesehen, wenn Probleme augenscheinlich werden, so Lübbe.

Um die Mittelmärker weiter für dieses Thema zu sensibilisieren, soll demnächst der internationale Aktionstag „Nein zur Gewalt an Frauen und Mädchen“ genutzt werden. So wird die Gleichstellungsbeauftragte gemeinsam mit Vertreterinnen des Potsdamer Frauenhauses am 23. November um 11 Uhr vor der Wiesenburger Gemeindeverwaltung die Fahne von Terre des Femmes hissen. Terre des Femmes ist ein 1981 in Hamburg gegründeter gemeinnütziger Verein, der sich für ein selbstbestimmtes und autonomes Leben von Frauen und Mädchen weltweit einsetzt. Danach wird das Gespräch mit Mitarbeitern der Gemeinde und Einwohnern gesucht. Ziel sei es, deutlich zu machen, dass es effektive Hilfe für Betroffene gibt. Informiert wird über die Schutzmöglichkeiten, aber ebenso über die präventiven ambulanten Angebote zur Verhinderung häuslicher Gewalt in Mittelmark. Dazu zählt auch eine spezielle Sprechstunde in Teltow. Dort organisiert das Autonome Frauenzentrum im Beratungszentrum, Lankenweg 4, wöchentlich eine Psychosoziale Beratung für Frauen mit akuter und zurückliegender Gewalterfahrung in deutscher, russischer und englischer Sprache.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })